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Hier ist eine Ausstellung im Holocaust Museum in Houston, Texas zu sehen.

Foto: AP / David J. Phillip

Augenzeugenberichte von Holocaust-Überlebenden sind unersetzlich, um an die Gräueltaten des nationalsozialistischen Regimes zu erinnern. Meist befinden sich diese jedoch in einem hohen Alter, zukünftige Generationen werden also nicht mehr die Möglichkeit haben, in einen persönlichen Dialog zu treten.

Ein Projekt namens "Dimensions in Testimony" der US-amerikanischen USC Shoah Foundation soll das ändern. Aufgezeichnete Videointerviews und künstliche Intelligenz sollen die Erzählungen der Zeitzeugen für die Ewigkeit festhalten. Das soll auch in ferner Zukunft ermöglichen, ihnen Fragen zu ihrem Leben zu stellen – und Antworten in Echtzeit zu erhalten.

Tausend Fragen

In der Praxis läuft das laut der Stiftung folgendermaßen ab: Besucht man eine Ausstellung in teilnehmenden Museen, sieht man die Aufzeichnungen der Holocaust-Überlebenden auf einem großen Bildschirm vor sich, per Mikrofon kann man ihnen Fragen stellen. Um die passende Antwort geben zu können, wurden bereits im Vorfeld alle Möglichkeiten in Suchbegriffe umgewandelt. Ein Algorithmus gleicht dann vor Ort die gestellten Fragen mit einer Datenbank ab "und gibt den zugehörigen Videoclip wieder, was zu einem konversationsähnlichen Erlebnis führt".

Möglich macht das modernste Technik aus dem Video- und Sprachverarbeitungsbereich. Während der Gespräche sitzen die Interviewten vor einem Greenscreen, umringt von mehr als 20 an einer Kuppel befestigten Kameras, berichtet der US-Fernsehsender CBS. Um sicherzustellen, dass in den Videoaufnahmen eine Antwort auf alle denkbaren Fragen zu finden ist, werden im Laufe einer Woche etwa 1.000 Fragen gestellt, die anschließend in einzelne Videoclips aufgeteilt werden.

Noch nicht perfekt

In ausgewählten Museen in den USA und in Argentinien ist das Projekt bereits im Einsatz. Außerdem haben Schulklassen die Möglichkeit, auf die Materialien zuzugreifen, um anhand der Biografien ausgewählter Überlebender mehr über den Holocaust zu lernen.

Gänzlich fehlerfrei soll der Ablauf derzeit aber noch nicht sein, weshalb alle Fragen und Antworten aufgezeichnet werden. "Um die Genauigkeit des Systems zu verbessern, überprüfen geschulte Mitarbeiter der USC Shoah Foundation regelmäßig die Systemprotokolle, um sicherzustellen, dass für jede Frage die am besten geeignete Antwort gewählt wurde", heißt es dazu in den FAQ. Wenn nötig, werden Verknüpfungen sogar manuell hergestellt. "Dadurch verbessert sich die Qualität des Systems mit jeder gestellten Frage."

Laufende Bemühungen

Die Stiftung selbst beschreibt das Projekt als eine "interaktive Biografie, entwickelt, um Menschen die Möglichkeit zu geben, sich mit Überlebenden des Holocaust und anderen Zeitzeugen bis weit in die Zukunft hinein zu unterhalten". Eine echte zwischenmenschliche Interaktion solle das keinesfalls ersetzen. Viel eher sei das Ziel, ein dialogartiges Erlebnis für die Zukunft zu bewahren – damit Überlebende ihre Erfahrungen auch weiterhin in ihren eigenen Worten vermitteln können. (red, 28.3.2022)