Im Wiener Beats & Beans kann man nicht nur gut essen. Zum Mitnehmen gibt es Schallplatten aus dem Nebenraum.
Foto: Regine Hendrich

Das eine mit dem anderen zu verknüpfen klappt bei Kaffeehäusern und Buchgeschäften sehr gut. Als Beispiel sei das so wunderbar zum Leben erweckte Café Schopenhauer in Währing genannt, natürlich auch das Phil in Gumpendorf, das Buchcafé Melange in der Reindorfgasse und das Vox Libri in der Jörgerstraße.

Ähnlich gut klappt das mit Schallplatten und Gastronomie. Nicht umsonst betätigt sich Manuel Mraz in seinem Brigittenauer Gourmettempel als Hüter des Plattenspielers und legt dort zum Beispiel Falco 3 als Speisenbegleiter auf. Und plötzlich heißt Maria Mary.

Platten kaufen kann man dort allerdings nicht. Das geht im neuen Beats & Beans in Rudolfsheim. Auch dort kratzt die Nadel feinste Töne aus der Rille. Ebenso für Anspruchsvolle die Küche, und im Extrazimmer können die Finger jener Tätigkeit nachkommen, welche die aktuellen Twenties aufwärts gar nicht kennen: dem Durchstöbern von Schallplatten mittels Zeige- und Mittelfinger beider Hände. Werden diese fündig, wird die Platte hochgehoben, gedreht, gelesen, beschnuppert und bestenfalls gekauft.

Wie im Wohnzimmer

Vielleicht ist es nicht nur der besondere Sound von Vinyl, sondern auch der alte Gestus beim Plattenkauf, der die Menschen zurückführt in eine Zeit von Black Market, EMI Columbia und Carola am Praterstern. Das Beats & Beans war früher am Alsergrund zu Hause, die Wohnzimmeratmosphäre des kleinen Cafés hatte schnell eine zu große Fangemeinde. In der Würffelgasse im Fünfzehnten gibt es jetzt deutlich mehr Platz, auch für die aus dem alten Beats & Beans legendären "Fridays for Vinyl": Freitagabend legen wechselnde DJs auf – die Musik bleibt aber im Hintergrund und clubmusikfrei.

Plattenladen oder Gasthaus? Das Beats & Beans ist beides.
Foto: Regine Hendrich

Weniger kulinarisch, aber immerhin doch mit kleinem Angebot kommt die Needle Vinyl Bar daher. Im ehemaligen Cats Café in der Färbergasse, im Übergang vom Textil- zum Schottenviertel, wird seit fünf Jahren in der Regel jazzige Musik aufgelegt, die Platten sind auch zu kaufen, und die Stimmung ist sehr groovig-intim. Dass sie die Ausstattung des Cats Café herausgerissen haben, ist retrospektiv ein Fehler. Die wäre jetzt Kult.

Der Mariahilfer Ableger der Needle Vinyl Bar in der Barnabitengasse hat erst seit einem Jahr offen. Dort wird nicht nur das Ohr, sondern per Innendekor auch das Auge ziemlich bedient. Nennen wir es originell und cosy.

Ganz entspannt Tonträger stöbern lassen sich auch im Das LOKal Café und alte Medien in Neubau. Der Verein LOK beschäftigt Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das LOKal ist sein Café, und dessen Gastgarten ist von ausgesuchter Schönheit. Es gibt gebrauchtes Vinyl, CDs und Bücher zu kaufen – und das gesamte Lokal ist für private Feiern zu mieten, samt DJ-Anlage und Tanzfläche.

Komplett ans Limit geht es in der Praterstraße in einem Nachbau eines venezianischen Palasts vom Canale Grande: Dort befinden sich der Dogenhof und das Supersense. Während im Dogenhof Atmosphäre, Küche und Lässigkeit ihresgleichen suchen, werden im Supersense die wohl wertigsten Schallplatten erzeugt und verkauft: die Mastercut- und Live-Recording-Editions. Von der Platte bis zum Cover wird alles in Handarbeit analog erzeugt. Der Preis kann nicht im Geringsten den Aufwand widerspiegeln, der hinter diesen Preziosen steht. Es sind Kunstwerke im engsten Sinn des Wortes. Nach Platten stöbern kann man dort nicht, zum Staunen reicht es allemal.

Kaffee und Craftbier

Minimalversorgung beim Stöbern gibt es beim Rochusmarkt im Wiener LP-Café. Zwar muss man dort mit Kaffee und Craftbier (Alefried und Kobersdorfer Märzen) sein Auslangen finden, dafür ist die Bude umso stimmungsvoller. Neben Vinyl gibt es auch CDs, DVDs, Bücher und Vintage-Hi-Fi-Geräte zu kaufen. Acoustic-Energy-Lautsprecher und Austrian-Audio-Kopfhörer können dort in Ruhe (haha!) getestet werden. Und wer seine Platten einmal gewaschen haben möchte – auch das wird im LP-Café gerne übernommen. (Gregor Fauma, 29.3.2022)