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Konvertierungskonten werden den Poker um russische Gaslieferungen vorerst lösen.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag ein Dekret unterzeichnet, um seiner Forderung nach Rubelzahlung für Gaslieferungen Nachdruck zu verleihen. "Um russisches Erdgas zu kaufen, müssen sie Rubelkonten bei russischen Banken eröffnen", sagte Putin in einer Fernsehansprache. Von diesen Konten werden Zahlungen für ab Freitag geliefertes Gas geleistet. Würden solche Zahlungen nicht geleistet, "betrachten wir dies als Verzug der Käufer mit allen daraus resultierenden Konsequenzen", sagte der Kreml-Chef. Heißt: Bestehende Verträge werden notfalls gestoppt.

Konkret sollen die Zahlungen so abgewickelt werden: Ausländische Käufer müssen Konvertierungskonten (K-Konto) bei der Gazprombank eröffnen. Westliche Gaskäufer sind fortan verpflichtet, auf diese K-Konten Fremdwährungen einzuzahlen. Die Gazprombank kauft dann im Namen des Gaskäufers Rubel und überweist diese vom K-Konto auf die Rubelkonten von Gazprom. Solche Konten könne die Gazprombank ohne Anwesenheit eines Vertreters des ausländischen Käufers ab dem 1. April eröffnen, heißt es.

Gesichtswahrende Wendung

Was jetzt als Forderung Putins mit Nachdruck erscheint, ist wohl eine gesichtswahrende Lösung für beide Seiten. Denn Russland und der Westen haben sich hinsichtlich der Gas-gegen-Rubel-Forderung in eine Pattstellung begeben. Putin erhob seine Forderung vor einer Woche. Doch die Staatschefs der G7 und die EU-Kommission haben klargemacht, dass sie dieser Forderung nicht nachkommen werden. Die mit Russland geschlossenen Verträge lauten auf Euro oder Dollar, und so werde man sie weiterhin erfüllen. Rechtsexperten hatten betont, dass die einseitige Änderung der Währung einem Vertragsbruch gleichkäme.

Dass Russland den Gashahn wirklich zudreht, glauben Experten nicht. Denn Putin ist auf die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft angewiesen. Sie spülen täglich rund 660 Millionen Euro in die klamme Staatskasse. Das ist Geld, auf das Putin angewiesen ist, weil der Westen im Zuge der Sanktionen rund 360 Milliarden Euro an russischem Auslandsvermögen eingefroren hat. Das ist rund die Hälfte der russischen Devisenreserven, auf die nicht mehr zugegriffen werden kann. Der Krieg in der Ukraine verschlingt aber Unsummen. Also braucht Putin Geldnachschub.

Bei der OMV, die Gaslieferverträge mit Gazprom bis 2040 laufen hat, war man vom Putin-Dekret überrascht. Vonseiten Gazproms liegt laut OMV-Sprecher Andreas Rinofner noch kein Vorschlag für eine Umstellung des Zahlungsflusses am Tisch, kontaktiert worden sei man ebenfalls nicht. Ähnlich geht es anderen Gasimporteuren in Europa. "Wir sind dabei, diesen Sachverhalt zu analysieren", erklärte der Leipziger Konzern Verbundnetz Gas (VNG). "Wir haben die Meldungen und das Dekret auf Russisch gesehen, aber brauchen Zeit zur Übersetzung und Prüfung", erklärte ein Sprecher des Energiekonzerns Uniper. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte, Österreich warte auf eine schriftliche Ausführung und werde diese dann bewerten.

Keine großen Konsequenzen

Fachleute vermuten nicht, dass die von Putin per Dekret verfügten Änderungen in der Gasabrechnung große Konsequenzen mit sich bringen. Denn der Umweg über die Gazprombank war letztlich auch jene Idee, mit der der Westen der Rubel-Forderung hätte nachkommen wollen und können. Um Rubel in diesem Ausmaß zu kaufen, hätten sich die Importeure an die russische Zentralbank wenden müssen. Geschäfte mit ihr sind aufgrund der westlichen Sanktionen aber nicht erlaubt.

Die Verwirrung war am Donnerstag dennoch groß. Noch am Vortag hatte Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Putin telefoniert und mitgeteilt, dass zwar per 1. April ein Gesetz gelten werde, wonach Lieferungen von Gas in Rubel zu begleichen seien. Putin soll in dem Telefonat aber betont haben, "dass sich für die europäischen Vertragspartner nichts ändern werde", erklärte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Die Posse rund um die Gaslieferungen gegen Rubel ist jedenfalls um eine Facette reicher. Am Donnerstag lieferte Russland laut eigenen Angaben 109,5 Millionen Kubikmeter Gas. Das entspreche der vertraglich möglichen maximalen Auslastung pro Tag, heißt es.

Neue Ideen

"Wenn Sie Erdgas haben wollen, beschaffen Sie sich Rubel", erklärte Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin auf Telegram. Darüber hinaus wäre es richtig, "die Liste der in Rubel bepreisten Exportprodukte zu erweitern: Düngemittel, Getreide, Speiseöl, Öl, Kohle, Metalle, Holz etc." Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Bemerkungen als "eine Idee, an der definitiv gearbeitet werden sollte".

Werde in den kommenden Tagen weniger Gas nach Europa geliefert, ist das laut dem Energieexperten Fabian Huneke von Energy Brainpool kein Grund zur Panik. Mit 1. April beginne das neue Quartal – Rückgänge in der Liefermenge seien dann "nicht unüblich".

Ölpreis schmiert ab

Die USA und andere Länder haben angekündigt, ihre strategischen Ölreserven so stark anzuzapfen wie nie zuvor. Daraufhin ist der Ölpreis abgeschmiert. Die Sorte Brent verbilligte sich um 5,3 Prozent auf 107,39 Dollar je Barrel. US-Leichtöl WTI sank um 6,8 Prozent auf 100 Dollar je Fass. (Bettina Pfluger, 31.3.2022)