Die Abgeordnete Susanne Fürst ist bei der FPÖ als Präsidentschaftskandidatin im Gespräch – eine Frau um die 40 aus dem rechten Lager, ein bewusster Gegenpol zu Van der Bellen.

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Gut ein halbes Jahr vor der Bundespräsidentenwahl beschäftigt sich die Freiheitliche Partei verstärkt mit dem wichtigsten Urnengang des Jahres. Offiziell gibt es zwar bislang keine blaue Kandidatur, doch weil ÖVP und SPÖ wohl auf eigene Vorschläge verzichten, wird die Wahl für die FPÖ attraktiver.

Es zeichnet sich ab, dass Amtsinhaber Alexander Van der Bellen bald bekanntgibt, dass er erneut antreten wird – gerade deshalb rechnen sich die Rechtspopulisten nach Informationen des STANDARD durchaus Chancen aus.

In FPÖ-Kreisen wird darauf verwiesen, dass es ein minimiertes Kandidatenfeld erleichtere, einen zugespitzten Wahlkampf gegen den früheren Grünen-Chef zu führen. Manche Blaue verweisen auch auf die grassierende Pandemie sowie auf das Alter Van der Bellens und dessen Zigarettenkonsum und fragen sinngemäß: Was wäre, wenn der Präsident gesundheitsbedingt aufgeben müsste?

Mit solchen Überlegungen ist auch ein Personalwechsel verbunden, der unlängst diskret vollzogen wurde: Wie DER STANDARD erfuhr, ist der kampagnenerprobte Politikberater Robert Willacker seit dem 1. April im Büro des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer tätig. Der frühere FPÖ-Chef unterlag Van der Bellen 2016 knapp. Neulich erklärte er, eigentlich nur dann kandidieren zu wollen, wenn sein damaliger Rivale nicht antritt. Doch Hofer scheint vorzubauen: Das Engagement Willackers endet nach sechs Monaten im Herbst – also dann, wenn Österreich über die Präsidentschaft abstimmt.

Höflich, aber direkt

Seit etwa fünf Jahren mischt Willacker immer stärker in der Innenpolitik mit. Der 32-Jährige schreibt Reden für den oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ), er managte auch maßgeblich dessen jüngsten Wahlkampf mit. In Talkshows formuliert Willacker höflich blaue Positionen in sonorem Hochdeutsch. Auf Twitter provoziert er allerdings täglich mit typisch rechten Sprüchen. Weit zurückverfolgen lassen sich seine Äußerungen allerdings nicht: Er löscht seine Tweets nach kurzer Zeit allesamt.

Willackers Vita ist für einen FPÖ-Akteur ungewöhnlich: Am Tag, als in Berlin die Mauer fiel, kam er in Brasilien zur Welt. Als "Deutscher mit dunklem Teint" beschrieb er sich einmal indirekt auf Twitter. Aufgewachsen ist er im bayerischen Coburg. In Innsbruck studierte er Politikwissenschaft unter anderem beim Osteuropaexperten Gerhard Mangott. In dieser Zeit schloss er sich einer deutschnationalen Studentenverbindung an und stieß in FPÖ-Kreise vor. Nach seinem Universitätsabschluss zog er nach Wien und trat in die Politberatungsagentur Policon des früheren Ministeriumssprechers Christoph Pöchinger ein.

Neu im Team: Der Deutsche Robert Willacker soll die Kampagnenfähigkeit der FPÖ verstärken.
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Willacker gibt sich mitunter stramm rechts, aber nicht extrem: "Er will wie Haimbuchner die FPÖ in Stil und Inhalt so positioniert haben, dass sie aus Sicht der ÖVP regierungsfähig ist", sagt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) zum STANDARD. "Insofern auch Hofer für eine solche Positionierung steht, ist das Engagement von Willacker bei ihm nur folgerichtig."

Eine FPÖ-Kandidatur bei der Wahl zum höchsten Staatsamt läuft momentan allerdings eher nicht auf Norbert Hofer hinaus. Sein ihm nicht gerade in Herzlichkeit verbundener Parteichef Herbert Kickl lobt in diesen Tagen die Abgeordnete Susanne Fürst als präsidiabel. Eine Frau Mitte 40, die patent sei und voll im Leben stehe – das, meint ein Kickl-Vertrauter zum STANDARD, wäre doch ein schöner Kontrast zum 78-jährigen Van der Bellen.

Auch zweifeln manche Blaue daran, ob Hofer wie 2016 in der politischen Mitte mobilisieren könnte. Das Versöhnungstreffen mit dem geschassten Ex-Frontmann Heinz-Christian Strache, das unlängst stattgefunden hat, sei "nicht gerade Wahlwerbung" gewesen.

Hilfe aus Oberösterreich

Fürst, die seit 2017 für die Freiheitlichen im Nationalrat sitzt, ist Rechtsanwältin und derzeit auch im parlamentarischen U-Ausschuss zur ÖVP-Korruption tätig. Sie stammt aus Oberösterreich, einem Kernland der FPÖ. Fürst soll in den allermeisten Fragen auf Kickl-Linie sein, sie bekäme aber wohl auch kräftige Unterstützung der Landespartei unter Parteichef Manfred Haimbuchner. Mit einer Kandidatur von Fürst könnte Kickl die oberösterreichische Landesgruppe wieder näher an die Bundespartei heranholen. (Oliver Das Gupta, 7.4.2022)