Wien – Nur vier Monate hatte Sabine Folie Zeit, um die neue Ausstellung in der Gemäldegalerie zu konzipieren. Anfang des Jahres trat sie ihre Position als Direktorin der Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien an. Am Freitag eröffnet die Gruppenschau Das entwendete Meisterwerk. Bilder als Zeitmaschinen, worin Werke aus den drei historischen Kollektionen (Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett und Glyptothek) mit zeitgenössischen Positionen kombiniert werden. Viele der Kontakte schöpfte Folie aus ihrer langjährigen Erfahrung, unter anderem als Chefkuratorin der Kunsthalle Wien oder als Direktorin der Generali Foundation.
Genauso wie die Eröffnungspräsentation, die anlässlich des Wiederbezugs des sanierten Hauptgebäudes der Akademie im Oktober 2021 von dem indischen Trio Raqs Media Collective kuratiert wurde, bemüht sich auch Folies Ansatz, transhistorisch zu sein. Sprich Werke unterschiedlicher Epochen, Gattungen und Stile in einer umfassenden Gesamtassemblage zu versammeln. Mit etwa 200 Werken von der Gotik über das 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart ist diese Angelegenheit üppig, jedoch nicht überladen. Anders als die Vorgängerschau bleibt sie (angenehm) unverspielt, im Konzept klar und funktioniert so auf mehreren Ebenen.
Zeitreise mit Malerei
So geht es neben thematischen Stationen wie Betrunkene, Blumen oder Baupläne auch um das Genre selbst – was ist Malerei, und wie hat sie sich verändert? Ähnlich einer Zeitreise kann hier alles beisammen stehen: Die Lucretia von Lucas Cranach d. Ä. posiert neben Aktfotografien von Lili Dujoire aus den 1980er-Jahren sowie Rubens' Frierender Venus. Historische Seeschlachten treten mit Dokumenten moderner Ölkatastrophen in Dialog. Und Madonnen-Darstellungen werden von aufregender Mode von Anna-Sophie Berger und Teak Ramos flankiert. Wichtig für alle Fans: Der Bosch-Altar steht wieder offen. (Katharina Rustler, 8.4.2022)