Indra Collini (Neos, links) und Helga Krismer (Grüne) sind sich in der Zielsetzung – Aufklärung – einig, haben aber unterschiedliche Zugänge zum Weg dorthin.

Foto: apa / herbert pfarrhofer

Die Wirtschaftsbund-Affäre in Vorarlberg hat Oppositionsparteien in anderen Bundesländern die Gelegenheit verschafft, die Inseratengeschäfte parteinaher Medien aufs politische Tapet zu bringen. In Niederösterreich dient die Sache nun auch dazu, auf demokratiepolitische Defizite aufmerksam zu machen.

Und zwar so: Die niederösterreichische Neos-Chefin Indra Collini fordert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag. Sie will unter die Lupe nehmen, ob die Inserate (teil-)öffentlicher Unternehmen in der Mitgliederzeitung der Volkspartei ein Werkzeug sind, um Geld an die Landeshauptfraupartei zu schleusen: "Das ÖVP-Parteimedium profitiert von überteuerten Inseraten des Landes und von landesnahen Unternehmen, gleichzeitig weist der Rechenschaftsbericht der ÖVP das aber nicht aus." Die Volkspartei bestreitet eine Umgehungskonstruktion vehement, der Vertrag mit dem Verlag bestehe schon seit den 1990er-Jahren und sei damit älter als das entsprechende Parteiengesetz – DER STANDARD berichtete.

Grüne: Ausschuss witzlos

Helga Krismer, Grünen-Chefin in Österreichs größtem Bundesland, geht nun auf diesen Vorschlag ein – mit eingeschränkter Begeisterung. Natürlich würde man bei einem Antrag auf die Einsetzung eines U-Ausschusses mitgehen, sagt sie dem STANDARD. Seit einer Reform im Jahr 2017 sei das sogar ein Minderheitenrecht im Landtag und könnte mit den Stimmen von SPÖ oder FPÖ durchgebracht werden.

Allerdings: Weder Grüne noch Neos wären in dem Ausschuss vertreten. Darin säßen ausschließlich die Proporz-Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ. Die beiden Oppositionsparteien sind zu klein, um im Verteilungsmechanismus für den U-Ausschuss zum Zug zu kommen.

Krismer sagt, sie habe schon bei der Erarbeitung der Reform darauf hingewiesen, dass es zu einer solchen Situation kommen könnte, die den Kontrollauftrag eines U-Ausschusses ad absurdum führen würde. "Jetzt ist genau das eingetreten, wovor ich gewarnt habe", ärgert sie sich.

Anfrage in Oberösterreich

Auch in Oberösterreich wird der Ruf nach Aufklärung laut: "Es entsteht der Anschein, dass über Inseratenschaltungen in parteieigenen und -nahen Medien Geld des Landes in Parteikassen geschleust wird", begründet der dortige Neos-Klubchef Felix Eypeltauer eine dringliche Anfrage an Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) im Landtag. Das betreffe Anzeigen im Oberösterreichischen Volksblatt und im Magazin des Wirtschaftsbunds. Ein Sprecher Stelzers reagierte auf eine Anfrage nicht.

Sachslehner: Kein Skandal

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner rechtfertigte die umstrittenen Inserate etwa von Kammern in Parteizeitungen im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Das ist seit vielen Jahrzehnten gelebte Praxis, von vielen Parteien, nicht nur der ÖVP", sagte sie.

Die ÖVP tue jedenfalls nichts Unredliches: "Bei Inseraten gibt es ja immer eine klare vertraglich vereinbarte Gegenleistung; ich bin dagegen, das zu skandalisieren." (Sebastian Fellner, 7.4.2022)