Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober.

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Am Anfang der Woche gab es noch Hoffnung. Die "Kronen Zeitung" ernannte Wolfgang Sobotka zum Kasperl der Woche, der "Kurier" begleitete rund 150 Mitglieder der Familie Habsburg auf der Wallfahrt zum Grab von Kaiser Karl, und Rudolf, gern auch Rudi, Anschober feierte quer durch die Medien seine Auferstehung als Autor eines Buches mit dem –laut "Presse"bezeichnenden Titel "Pandemia". Bezeichnender wäre der Titel "Rudolf Anschober" gewesen, ziert sein Name und Konterfei doch den Umschlag, was der Schreiber mit seinem Status als eitler Mensch, ja, in manchen Bereichen rechtfertigte. Ein paar Tage später dann das erschütternde Coming-out von Siegfried Sigi Wolf in "Österreich", er sei nicht nur nicht VP-nahe, sondern im Gegenteil sei er mal Mitglied der Wiener SPÖ gewesen. Für den langjährigen Inhaber einer Gemeindewohnung in Favoriten klingt das glaubwürdig, auch wenn die SPÖ jetzt nichts davon wissen will.

Zu Sobotkas Erhöhung ist weiter nichts zu berichten, umso mehr von der Reise eines "Kurier"-Berichterstatters nach Funchal. Für die Familie Habsburg-Lothringen war das Gedenken in Funchal – 100. Todestag des Seligen – wieder einmal eine Gelegenheit, um sich im großen Stil zu treffen. Und eine solche Gelegenheit lässt sich der "Kurier" nicht entgehen. Wer jemals auf der portugiesischen Insel Madeira in der Stadt Funchal den Berg hochgefahren ist, um in der Kirche Nossa Senhora in Monte das Grab des letzten Kaisers von Österreich zu sehen, der wird auf den ersten Blick enttäuscht sein.

Gruppenfoto im "Kurier"

Bei der Wallfahrt waren diesmal keine Politiker aus Österreich dabei, ... dafür zeigten die Ungarn bei diesem Zusammentreffen groß auf. Typisch. Da war es ein Glück, dass der "Kurier" zur Rettung der nationalen Ehre eingesprungen ist und daheimgebliebene Politiker aus Österreich über die Kaiser-Karl-Gebetsliga belehren konnte. Sie betet mit dem Seligen Kaiser Karl als Fürsprecher für den Frieden und kämpft weiter für das große Ziel: nach der Seligsprechung auch die Heiligsprechung von Kaiser Karl. Für diesen Zweck positionierten sich die rund 150 Mitglieder der Familie Habsburg für ein Gruppenfoto im "Kurier", an der Spitze Karl Habsburg-Lothringen (erste Reihe in der Mitte). Wer sonst?

Aber den "Kurier"-Leserinnen und -Lesern blieb nichts erspart. Neben der Zusammenrottung in Funchal gab es auch eine in Baden. Monarchisten gedachten Karls I. in "seiner" Hofkirche. In der Frauengasse stehen am Freitag, 1. April, am 100. Todestag des seligen Kaisers Karl I. ältere Männer in traditionalistischen Uniformen. Sie schwelgen in Erinnerungen, in der Kirche selbst laufen die letzten Vorbereitungen der "Monarchisten, schwarz-gelbe Allianz".

Woraus die hinauslaufen, gestehen sie in einer Selbstbeschreibung frei heraus, sehen sie sich doch als "zukunftsorientierte, überkonfessionelle und übernationale Bürgerbewegung, die die Einführung einer parlamentarischen Monarchie und die möglichst enge Kooperation der Nachfolgestaaten der Donaumonarchie auf demokratischem Wege anstrebt" – und tatsächlich anstelle der Präsidenten einen gemeinsamen Kaiser installieren will. Entweder der "Kurier" schwelgt mit, oder er wollte nur besagten Nachfolgestaaten eine redaktionelle Warnung zukommen lassen.

Zu langer Bremsweg

In Interviews in diversen Blättern bemühte sich der Autor von "Pandemia" redlich um die Vermittlung der Quintessenz seiner Erfahrung des Scheiterns. So forderte er in der "Krone": "Müssen die Lehren aus der Pandemie ziehen", was bestimmt keine schlechte Idee wäre, aber aufgrund heimischer Umstände bis heute zum Scheitern verurteilt ist. Erkannte er doch im "Standard": "Unser Bremsweg war zu lang für das Virus", erhob im "Kurier" die unrealistische Forderung: "Brauchen weniger Klein-Klein und mehr Bundeskompetenz" und wich in der "Presse" auf die Grammatik aus: "Politiker schalten beim Konjunktiv ab".

Anders als seriöse Wissenschaftler, die verwenden den Konjunktiv, weil es kaum Hundertprozent-Aussagen gibt. Abgesehen von Politikern, die schon beim Genitiv abschalten, müsste der politische Indikativ etwa bei Bestehen auf kürzeren Bremswegen und wirklich mehr Bundeskompetenz nicht im Gegensatz zur seriösen Wissenschaft stehen, wenn sich Politiker nur etwas mehr trauten. Aber das ist nicht mehr Anschobers Problem. Jetzt gehe ich auf Lesereise, ich habe eine kleine Zeitungskolumne, sonst bin ich mit meinem Leben als Selbständiger beschäftigt. Das kleine Glück nach der großen Bühne, man würde es auch anderen wünschen. Wenigstens umarmt er keine Bäume. (Günter Traxler, 10.4.2022)