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Im besetzten Bucraa soll künftig nicht nur Phospat abgebaut, sondern auch veredelt werden.

Foto: Reuters/Youssef Boudlal

Für Marokko ist die Besatzung der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara ein gutes Geschäft. Das staatliche Unternehmen Office Che'rifien des Phosphates SA (OCP) beutet die Phosphatminen zwischen Bou Craa und El Aaiún im seit 1975 besetzten Gebiet an Afrikas Nordwestküste, direkt gegenüber den Kanarischen Inseln, aus. Es lohnt sich.

Die NGO Western Sahara Resource Watch (WSRW) zählte im vergangenen Jahr 26 Schiffe, die 1,4 Millionen Tonnen Phosphatgestein transportierten. 2019 und 2020 waren es eine Million Tonnen. Der Exportanstieg 2021 geht auf einen neuen Abnehmer zurück. Innophos nimmt 27 Prozent des Gesteins ab. Das und "eine Verdopplung der Phosphatpreise im Laufe des Jahres 2021 bedeuten, dass die illegalen Exporte zunehmend lukrativer werden", heißt es in dem Bericht "P for Plunder" (P für Plünderung). Der Wert des verkauften Gesteins lag 2021 bei 349 Millionen US-Dollar (320 Millionen Euro). 2020 waren es 171 Millionen.

Wer daran verdient

Das Phosphatgestein geht in die ganze Welt. Großabnehmer sind Mexiko, Indien, China, Neuseeland und die USA. Der Bericht konzentriert sich auf einige der Unternehmen, die an der Plünderung der Westsahara verdienen. Für die Vereinten Nationen ist die Ausbeutung von Bodenschätzen in der Westsahara, ohne Zustimmung der lokalen Bevölkerung und ohne dass dieser die Gewinne zugutekommen, ein Verstoß gegen internationales Recht. Das Phosphatgeschäft ist einer der Gründe, warum Marokko eine 1990 unter UN-Aufsicht mit der Befreiungsbewegung Frente Polisario vereinbarte Volksabstimmung über die Zukunft des Landstrichs bis heute verhindert.

Einerseits geht das Gestein an Tochtergesellschaften des marokkanischen Phosphat-Unternehmens, etwa in Irland und Indien. Zum anderen beliefert Marokko die großen Düngemittelriesen, wie die neuseeländischen Ballance Agri-Nutrients und Ravensdown sowie die Eurochem Group (Russland, Schweiz und Estland). Außerdem verdächtigt WSRW die japanische Itochu Corp, im Vorjahr 12.000 Tonnen Phosphatgestein von El Aaiún nach Japan transportiert zu haben.

Illegaler Export

Die 26 Schiffe, die diesen illegalen Export durchführen, fahren meist unter Billigflaggen, aber auch aus den USA und selbst aus Deutschland kamen Frachter. Im Einsatz sind Gerätschaften wohlbekannter Unternehmen wie Siemens, Caterpillar oder Thyssenkrupp – sie verdienen so am Raubbau mit.

Bisher verkauft Marokko nur rohes Phosphatgestein. Um die Gewinnspanne zu erhöhen, ist in Bou Craa eine Aufbereitungsanlage geplant. Der Staat investiert zwei Milliarden US-Dollar. In der Fabrik soll jährlich eine Million Tonnen Düngemittel produziert werden.

WSRW erzielte mit der Kampagne wiederholt Erfolge. Mehrere Fonds zogen ihre Investitionen aus Unternehmen ab, die Gestein aus der Westsahara kaufen. Diese "unterstützen in Wirklichkeit die Präsenz Marokkos auf dem Territorium, da das Phosphat von der staatlichen marokkanischen Firma OCP verkauft wird und davon ausgegangen werden muss, dass die Einnahmen aus dem Betrieb größtenteils an den marokkanischen Staat fließen", begründet der Ethikrat des staatlichen norwegischen Pensionsfonds, warum er seit 2015 keine Aktien der amerikanischen Innophos Holdings Inc. aufnimmt.

Druck von Investoren

"Die Westsahara ist seit 1975 unter marokkanischer Besatzung und steht auf der Liste der nicht selbstverwalteten Gebiete der Vereinten Nationen, die entkolonialisiert werden sollten", erklärte der schwedische Pensionsfonds, AP-Fonden, und schloss Phosphat-Unternehmen, die mit Marokko handeln aus seinem Portfolio aus. Der Druck zeigt Wirkung. "Die gute Nachricht ist, dass das chinesische Unternehmen China Molybdenum seinen Investoren versprochen hat, keine erneuten Importe in seine Tochtergesellschaft in Brasilien vorzunehmen", schreibt WSRW. In Neuseeland erforsche Ravensdown "Wege, um Westsahara-Felsen zu vermeiden".

Doch es gibt neben dem Import von Innophos nach Mexiko weitere Beispiele, die genau in die Gegenrichtung handeln. Für Ballance Agri-Nutrients aus Neuseeland verzeichnet "P wie Plünderung" den höchsten jährlichen Kauf seit Beginn der täglichen Überwachung durch WSRW im Jahr 2011. (Reiner Wandler aus Madrid, 12.4.2022)