Ein Covid-Patient auf der Intensivstation: Die Nichtüberlebenden sorgten laut Statistik Austria dafür, dass in den Jahren 2020 und 2021 mehr Menschen starben als in gewöhnlichen Zeiten.

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Es war eine Aussage, die für einiges Aufsehen sorgte. "Der Großteil der Übersterblichkeit ist auf Menschen zurückzuführen, die zum Zeitpunkt des Todes gar nicht an Covid erkrankt waren", sagte die Gesundheitsökonomin Maria M. Hofmarcher in einem STANDARD-Artikel unter Berufung auf eine von ihr mitverfasste Studie der Austrian Health Academy. Demnach entfielen gerade einmal acht Prozent der Todesfälle über das gewöhnliche Maß hinaus auf Corona-Kranke.

Die Studienautoren vermuteten dahinter verschiedene Gründe. Offenbar habe an den Spitälern weiterhin ein restriktives Klima geherrscht, das Menschen vom Besuch abgehalten habe, so eine Erklärung. Auch die Verschiebung vermeintlich nicht lebensnotwendiger Operationen, etwa von Eingriffen am Herzen, könnte eine Rolle gespielt haben, ebenso wie die durch Überlastung geminderte Versorgung in den schon vor der Pandemie personell zu knapp ausgestatteten Krankenhäusern.

Widerruf nach Zweifeln und Einwänden

Doch die Untersuchung stieß ebenso wie die Schlussfolgerungen auf Zweifel und Einwände. Am Montag reagierte die Austrian Health Academy – und korrigierte die umstrittene Feststellung. Dass der überwiegende Teil der Übersterblichkeit in Österreich in den Jahren 2020 und 2021 auf Nicht-Covid-Erkrankte zurückzuführen sei, lasse sich aus der erstellten Studie nicht ableiten, hält das Institut fest. Aufgrund einer missverständlichen Interpretation mancher Detailergebnisse habe dieser faktenwidrige Eindruck entstehen können. Die Austrian Health Academy bedauere die inhaltlichen Missverständnisse.

Nicht zurückzuführen sind diese "Missverständnisse" darauf, dass der STANDARD-Bericht etwas falsch interpretiert haben könnte. Um inhaltliche Fehler auszuschließen, wurde der Text vor der Veröffentlichung den Studienautoren zur Durchsicht vorgelegt. Sämtliche Aussagen waren autorisiert.

Es waren doch die Corona-Kranken

Doch abgesehen von der Frage des Anteils: Hat die Corona-Krise wegen der genannten Gründe oder anderer Kollateralschäden auch viele Nichtinfizierte das Leben gekostet? Alexander Wisbauer kann aus den Daten keinen Hinweis darauf herauslesen, dass in der Pandemie mehr Menschen als in gewöhnlichen Jahren gestorben sind, obwohl sie gar nicht an Covid erkrankt waren. "Die Übersterblichkeit 2020 und 2021 lässt sich von der Größenordnung her sehr gut mit den an Covid gestorbenen Personen erklären", sagt der Experte der Statistik Austria.

Im ersten Jahr der Pandemie seien in Österreich um 7,7 Prozent mehr Menschen aus dem Leben geschieden, als unter normalen Umständen zu erwarten war, im zweiten waren es 6,1 Prozent. Das entspreche jenen 6.491 beziehungsweise 7.857 Covid-Toten, die für die Jahre 2020 und 2021 in der Statistik aufscheinen.

Nicht quantitativ erfassbar sei, wie viele ältere, gesundheitlich angeschlagene Menschen an Covid gestorben seien, die auch ohne Corona in der Todesstatistik aufgetaucht wären, weil sie aus anderen Gründen – etwa der Grippe – ihr Leben gelassen hätten. Mit den Statistik Austria zur Verfügung stehenden Daten könne auch keine Aussage darüber getroffen werden, erläutert Wisbauer, ob und wie viele Menschen zwar nicht aufgrund der Pandemie selbst, wohl aber aus anderen, damit zusammenhängenden Gründen – etwa zu später oder gar keiner Behandlung einer Erkrankung – ihr Leben verloren. (Gerald John, 12.4.2002)