Bild nicht mehr verfügbar.

Russland und das Internet: Die USA stoßen die Tür wieder ein Stück weit auf.

Foto: Kacper Pempel / Reuters

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat auch im Internet seine Spuren hinterlassen – vor allem im russischen. Auf der einen Seite hat die Medienaufsicht Roskomnadsor einige westliche Dienste wegen angeblicher "Falschinformationen" gesperrt, auf der anderen zeigen sich die Auswirkungen der Sanktionen sowie ein genereller Trend, dass westliche Firmen vom russischen Markt Abstand nehmen.

Drohende Zersplitterung

All dies hat zuletzt Befürchtungen laut werden lassen, dass es zu einer Zersplitterung des Internets kommen könnte, also vor allem einer Abtrennung Russlands. Genau das würde aber auch die Opposition in dem Land weiter schwächen, warnen Kritiker – und die US-Regierungen scheint diesen Worten nun Gehör zu schenken.

Eine leichte Lockerung

Die US-Regierung hat die Sanktionen gegen Russland ein Stück weit gelockert. Mit einer Ende der Vorwoche veröffentlichten Anordnung des US-Finanzministeriums werden Telekommunikations- und Internetdienste teilweise von den Strafmaßnahmen ausgenommen. Entsprechend darf ab sofort wieder Software und auch Hardware in das Land verkauft werden, solange diese für die Internetkommunikation gedacht ist.

In der Anordnung präzisiert man auch, welche Dienste damit konkret gemeint sind. So ist etwa von Messengern, Videokonferenz, sozialen Medien oder auch Webhosting oder der Registrierung von Domainnamen die Rede. Der Betrieb und die Wartung der zugrunde liegenden Infrastruktur werden damit also ebenfalls erlaubt.

Rückzug

Die Sanktionen haben dazu geführt, dass sich in den vergangenen Wochen viele westliche Firmen aus Russland zurückgezogen oder ihren Betrieb zumindest massiv eingeschränkt haben. So haben selbst Backbone-Betreiber wie Cogent und Lumen ihre Dienste eingestellt, was natürlich die Integrität russischer Netze schwächt. Beobachter hatten aber auch allgemein davor gewarnt, dass der fehlende Hard- und Softwaresupport aus dem Westen bald zu schweren Problemen im russischen Internet führen könnte.

Widerspruch

Genau das gelte es zu verhindern, hatten Bürgerrechtsgruppen und Experten zuletzt in einem offenen Brief gefordert: "US-Internetdienste sind von zentraler Bedeutung für Menschenrechtsaktivisten und unabhängige Medien, um die Bevölkerung über die Aggression Russlands und von Belarus informieren zu können", formuliert es etwa Natalia Krapiva von Access Now, die sich über die aktuellen Lockerungen nun entsprechend erfreut zeigt.

Allerdings sieht die aktuelle Anordnung auch konkrete Beschränkungen vor, und zwar vor allem in Hinblick auf Finanztransaktionen. Diese dürfen auch weiter nicht über russische Stellen abgewickelt werden und auch nicht aus Guthaben des russischen Finanzministeriums oder anderer staatlicher Behörden bezahlt werden.

Eine Möglichkeit, kein Zwang

Auch sonst sei angemerkt, dass die Lockerung der Sanktionen nicht automatisch bedeutet, dass all jene westlichen Services, die in den vergangenen Wochen ihren Dienst in Russland eingeschränkt haben, nun wieder vollständig zurückkehren. Ob und wie sie künftig Geschäfte in Russland machen wollen, bleibt den Unternehmen selbst überlassen.

Anderer Blickwinkel

Die Lockerung der Sanktionen steht allerdings auch im Widerspruch zu dem, was die Ukraine fordert. Von dort gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Forderungen, Russland komplett vom Internet zu trennen. Dem hatten zentrale Internetorganisationen wie die Icann oder Ripe aber schnell eine Absage erteilt. Auch sonst trafen diese Forderungen im Westen wegen der erwähnten Auswirkungen auf wenig Begeisterung. (apo, 12.4.2022)