Wer ein Mobilfunknetz betreiben will, braucht auch Hardware. Russland gehen nun aber die Lieferanten dafür aus.

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Eigentlich kann Huawei derzeit jede Erfolgsmeldung gut brauchen. Das Geschäft des chinesischen Hardwareherstellers hat in den vergangenen Jahren unter US-Sanktionen schwer gelitten. Dass es dann ausgerechnet der russische Markt ist, auf dem die Geräte des Unternehmens derzeit einen Höhenflug hinlegen, kommt der Firma allerdings erst recht nicht zupass. Immerhin besteht die Chance, dass sich dadurch das Verhältnis zum Westen noch weiter verschlechtert. Das hat Huawei zuletzt vor eine schwere Wahl gestellt.

Abschiednehmen

Nun scheint sich die Firma entschieden zu haben: Huawei stellt sein Geschäft mit Telekommunikations-Hardware in Russland weitgehend ein. Dies, da man sonst befürchtet, gegen Sanktionen zu verstoßen. Immerhin betreffen diese auch US-Patente und -Technologien, die in der Huawei-Hardware genutzt wird.

Laut einem Bericht der russischen Ausgabe von "Forbes" akzeptiert Huawei bereits seit Anfang März keine neuen Bestellungen in Russland mehr. Doch nicht nur das, die meisten russischen Mitarbeiter des Unternehmens sollen beurlaubt worden sein. Aus China stammende Angestellte seien hingegen in die Heimat zurückberufen worden.

Knifflige Lage

Für Russland zeichnet sich damit langsam der Worst Case ab. Dem Land gehen schlicht die Optionen für den Bezug von Mobilfunk-Hardware aus. So hat vor wenigen Tagen auch Nokia seinen Rückzug vom russischen Markt bekanntgegeben – und zwar ohne geplante Wiederkehr. Ericsson hat mittlerweile ebenfalls seinen Aktivitäten auf "nicht absehbare Zeit" beendet.

Verfehlte Hoffnung auf China

Insofern blieb eigentlich für die russischen Netzbetreiber nur noch die Hoffnung auf chinesische Anbieter. Dass Huawei nun auch nicht mehr mitspielt, ist insofern ein schwerer Schlag. Bliebe noch ZTE, aber auch dort wird man sich hüten, gegen die Sanktionen zu verstoßen, will man doch die eigene Telekommunikations-Hardware auch in anderen Ländern verkaufen. Bisher teilen sich die vier Unternehmen praktisch zur Gänze den Markt für Telekommunikationsausrüstung in Russland.

Ausblick

Die aktuelle Situation könnte mittelfristig auch den Betrieb der Netze gefährden, wenn es keine Ersatzteile mehr gibt. Denn selbst wenn noch Vorräte bei den Mobilfunkern vorhanden sind, so reichen diese nicht ewig. An einen Ausbau der Netze ist in der Situation ohnehin nicht mehr zu denken.

Mitspielen

Während der chinesische Staat die westlichen Sanktionen offiziell nicht mitträgt, zeigt sich an dem Fall gut, dass die Situation für die in dem Land beheimateten Unternehmen nicht ganz so einfach ist.

Immerhin verwenden diese oft westliche Technologien, womit sie auch unter die Sanktionen fallen. Diese könnten sie natürlich ignorieren, würden damit aber riskieren, selbst Ziel von Strafmaßnahmen zu werden. Da scheint die Kalkulation zwischen dem als Absatzmarkt wirtschaftlich wenig relevanten Russland auf der einen sowie Europa und die USA auf der anderen Seite recht einfach zu sein. (Andreas Proschofsky, 15.4.2022)