In einem hat Karl Nehammer recht: "Beim Gasembargo geht es um die Kraft des Faktischen", sagte er in einem APA-Interview zu seinem Putin-Gespräch. Von sich aus dieses Gasembargo zu fordern würde bedeuten, dass sowohl die Industrie als auch die Haushalte durch das Nichtliefern des Gases schweren Schaden erleiden. Aber dann der Zusatz: Putin habe von sich aus erklärt, "dass die Gasversorgung gesichert ist und in Euro weiter bezahlt werden kann".

Sollte dies der Kanzler als Beleg nehmen, dass eh alles in Butter ist und Österreich keine Alternativen suchen soll, dann möge er lesen, was die litauische Ministerpräsidentin, Ingrida Simonyte, eine der "starken nordischen Frauen gegen Putin" (Regierungschefinnen von Finnland, Schweden, Estland und Litauen), kürzlich in einem Interview mit der FAZ sagte: "Wir hatten bereits sehr schlechte Erfahrungen mit Gazprom in der Vergangenheit. Vor mehr als zehn Jahren hat uns der russische Staatskonzern mit verrückt hohen Preisen regelrecht erpresst. Deswegen entschieden wir uns damals, einen Terminal für Flüssiggas (LNG) zu bauen, um eine Alternative über den Seeweg zu haben."

Und, besonders wichtig, diese Grunderkenntnis: "Aus unserer eigenen Erfahrung heraus haben wir immer gesagt, dass es bei Russland nie nur um Wirtschaft geht, sondern immer um Geopolitik. Unser Rat war immer, die Abhängigkeit von Russland zu verringern, statt sie zu erhöhen." (Hans Rauscher, 14.4.2022)