Die Impfpflicht steht noch in den Sternen.

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Leicht war das Verhältnis zwischen dem staatlichen Unternehmen hinter der elektronischen Gesundheitsakte, der Elga GmbH, und dem Datenschutz nie. Mit der Pandemie sind ihre Aufgaben noch sensibler geworden – denn sie verantwortet im Auftrag des Gesundheitsministeriums Daten aus dem zentralen Impfregister. Nun könnte es zu einem Führungswechsel kommen: Im Amtsblatt der Wiener Zeitung sind sowohl die kaufmännische wie auch die technische Leitung der Elga ab 2023 ausgeschrieben.

Gesundheitsminister kritisiert

Derzeit besetzen die Juristen und Techniker Franz Leisch und Günter Rauchegger diese Position. Zuletzt sind sie – einmal wieder – in einen Konflikt mit der Regierung geraten: Die beiden Geschäftsführer hatten die Datenschutzbehörde mit der Überprüfung der geplanten Impfpflicht mit Strafen befasst. Die Elga ist für die Umsetzung mitverantwortlich – und war in einer Datenschutzfolgeabschätzung zu dem Schluss gekommen, dass die Impfpflicht rechtlich unzulässig sei, weil sie unverhältnismäßig sei. Sollte die Datenschutzbehörde dieser Argumentation folgen, wäre eine Impfpflicht in der jetzigen Form unmöglich.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kritisierte am Sonntag in einem Interview mit der Tageszeitung Österreich das 90-seitige Dokument scharf: "Ich war einigermaßen erstaunt, in dieser Datenschutzfolgenabschätzung Ausführungen zu finden, die sich auf die Verfassungsmäßigkeit und Zulässigkeit der Impfpflicht an sich bezogen haben", sagte er. "Sich über bereits gefallene politische Entscheidungen" zu äußern gehöre "sicher nicht zu den Aufgaben der Elga-Geschäftsführung". Diese wollte das auf Anfrage wiederum nicht weiter kommentieren.

Vertrag läuft sowieso aus

Der Rechtsinformatiker Nikolaus Forgó von der Uni Wien bezweifelte in einem Ö1-Interview vergangene Woche, dass die Datenschutzbehörde der Argumentation der Elga folgen wird. Demnach enthalte diese etwa epidemiologische Befunde ohne konkrete Quellenangabe.

Die Neuausschreibung steht grundsätzlich nicht in Zusammenhang mit der Kritik an dem Papier: Leischs und Raucheggers Vertrag läuft mit Jahresende aus. Allerdings stehen die beiden nicht zum ersten Mal im Konflikt mit dem Gesundheitsministerium. Bereits Anfang des Jahres war es zu einer Auseinandersetzung in puncto Impfpflicht gekommen: Damals hatte die Elga öffentlich verkündet, dass eine Umsetzung des Gesetzes – anders als ursprünglich geplant – erst Monate später möglich sei, da die nötige technische Infrastruktur erst geschaffen werden müsse.

Die Regierung ging zwar nicht darauf ein, verschob aber die Impfpflicht, die eigentlich schon im Februar hätte kontrolliert werden sollen. Die Elga hatte scharfe Worte gefunden, war mit ihrer Einschätzung aber nicht allein: Auch die IT-Services der Sozialversicherungen hielten den Zeitplan damals in einem Papier, das nicht medienöffentlich war, für "ambitioniert".

Datenöffnung steht wohl bevor

Wer auch immer in Zukunft die Geschäftsführung des staatlichen Unternehmens übernehmen wird – Datenschutz wird ein zentrales Thema sein. So dachte die Regierung etwa im vergangenen Jahr in einem Strategiepapier darüber nach, Daten aus der Elga der Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Liste der Stakeholder, die daran Interesse hätten, ist von Unis bis hin zu Pharmakonzernen lang.

Mit Gesundheitsdaten ließen sich zahlreiche Erkenntnisse ziehen. Datenschützer wie die Grundrechts-NGO Epicenter Works warnen daher, dass eine Verwertung der Informationen zwar nicht negativ sei, das aber nur ohne wirtschaftliche Begehrlichkeiten geschehen dürfe. Das sei durch Verfahren im Bereich der "differential privacy" möglich, bei denen Daten im Vorfeld so weit wie möglich verwässert werden. Derartige Prozesse erfordern allerdings viel Sensibilität für Datenschutz. Diese wird in der Ausschreibung der neuen Geschäftsführung nicht vorausgesetzt. (Muzayen Al-Youssef, 18.4.2022)