Reaktionen auf den Tod von Hermann Nitsch würdigen einen Künstler von "Weltrang".

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Alexander Van der Bellen:

"Mit ausdrucksstarken Bildern und aufsehenerregenden Aktionen hat er die heimische Kunstwelt neu definiert. Nun ist der Großmeister des Aktionismus von uns gegangen: Hermann Nitsch ist tot", so Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer ersten Reaktion auf das Ableben des Malers und Aktionskünstlers Hermann Nitsch.

"Die heimische Kunst ist damit um eine ihrer auch international bedeutendsten Persönlichkeiten ärmer. Konsequent hat Hermann Nitsch über Jahrzehnte hinweg an seinem kultischen Stil gearbeitet, seine Werke und sein Wirken haben niemanden kaltgelassen. Österreich trauert um einen unbestechlichen und faszinierenden Maler und einen beeindruckenden Menschen. Sein Werk wird weiterleben, dessen bin ich mir gewiss", betont der Bundespräsident.

Aktionskünstler und Wegbegleiter Günter Brus:

"Ich bin ziemlich fertig, obwohl vorbereitet auf sein Hinsterben", sagte der jahrzehntelange Wegbegleiter und Freund Günter Brus über das Ableben von Hermann Nitsch am Ostermontag. Habe es früher Debatten um Nitsch gegeben, so sei er nun "weltweit als großer österreichischer Künstler anerkannt, da gibt es gar keine Diskussion", sagte Brus am Dienstag im Gespräch mit der APA.

"Genau betrachtet war ja der Hermann derjenige, der von uns (den Wiener Aktionisten, Anm.) am längsten verfolgt worden ist, das war bei mir kürzer, aber auch heftiger", sagte der im 84. Lebensjahr stehende Aktionskünstler und Maler Brus. Beide Künstler emigrierten vor den Anfeindungen bzw. drohenden Haftstrafen in Österreich in den späten 1960ern bzw. frühen 1970ern aus Österreich – Nitsch nach Bayern, Brus nach Berlin.

"Es ist schwer mit Worten auszudrücken, was man fühlt, wenn jemand so gut und innig wie der Hermann war", so der in der Südsteiermark geborene Künstler, dem im Grazer Joanneumsviertel mit dem Bruseum ein eigenes Museum gewidmet ist.

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer:

"Heute hat uns ein wahrhaft einzigartiger Künstler verlassen", sagt Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer zum Ableben des Malers und Aktionskünstlers. "Seine vielfältige Auseinandersetzung mit Kunst, Ästhetik, Religion und Philosophie hat Hermann Nitschs Werk förmlich durchzogen. Seine Großformate ziehen Menschen in ihren Bann, wie es kaum andere Kunstwerke können. Mit den Orgien-Mysterien-Spielen hat Nitsch außerdem die Grenzen des Kunstschaffens neu definiert. Was mich persönlich an Nitsch beeindruckt hat, ist seine Durchsetzungskraft und seine Standhaftigkeit trotz aller Kritik, die ihm vor allem zu Beginn entgegengeschlagen ist", so Mayer.

Meine Gedanken sind heute bei seiner Frau Rita, seiner Familie und seinen Freunden." Hermann Nitsch wurde neben vielen anderen Auszeichnungen 1984 mit dem Kunstpreis für Bildende Kunst und 2005 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis geehrt.

NÖ-Landeshauptfrau Mikl-Leitner:

"Hermann Nitsch war ein Künstler von Weltrang und einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler überhaupt. Wir waren und sind unglaublich stolz, dass er eine so tiefe Verbindung zu Niederösterreich hatte und bei uns in Prinzendorf ein Zuhause gefunden hat. Denn Hermann Nitsch war nicht nur ein großartiger Botschafter unseres Landes in der ganzen Welt, sondern auch eine ganz große Persönlichkeit, die gerne in unserem Land gelebt und unserem Land viel gegeben hat", sagte die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig:

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig bedauert Hermann Nitschs Tod als "großen Verlust für die heimische und internationale Kunstszene". Und der Stadtchef weiter: "Nitsch wurde in Wien geboren und war Mitbegründer einer der wichtigsten avantgardistischen Kunstströmungen, des 'Wiener Aktionismus'. Ihn bloß als bedeutenden Maler zu bezeichnen wäre ganz falsch, hatte er doch immer das Gesamtkunstwerk, bestehend aus Malerei, Musik, Theater und Performance, im Auge. Und er war als unverwechselbares Künstleroriginal auch immer selbst Teil dieses Gesamtkunstwerks."

Der Bürgermeister weiter: "Zunächst als 'Blutkünstler' bekämpft und angefeindet, schaffte es Nitsch durch Konsequenz und Hartnäckigkeit, aber auch durch die große Vielfalt seiner Kunst – so inszenierte er am Wiener Burgtheater und an der Wiener Staatsoper und stattete in Bayreuth die 'Walküre' aus –, zu einem der weltweit wichtigsten Künstler unserer Stadt und unseres Landes zu werden."

"Für Hermann Nitsch war stets das 'Sechstagespiel' seines sogenannten 'Orgien-Mysterien-Theaters' das große Ziel. Kurz vor seinem Tod hatte er noch angekündigt, dass es heuer – nach pandemiebedingten Ausfälle in den beiden letzten Jahren – wieder stattfinden werde. Nitschs Ehefrau Rita Nitsch verspricht nun, wenigsten einen Teil davon im Sommer aufführen zu lassen – eine schöne Geste an den Verstorbenen!"

Der österreichische Künstler Hermann Nitsch ist am Montag im Alter von 83 Jahren verstorben. Er galt als Mitbegründer und einer der prominentesten Vertreter des Wiener Aktionismus
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Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler:

"Mit Hermann Nitsch verliert Österreich einen Meister des Gesamtkunstwerks von internationalem Format", reagiert Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler auf den Tod von Hermann Nitsch. "Wie kein anderer Künstler verstand er es, das Rituelle in den Dienst seines Schaffens zu stellen."

"Er war ein Künstler, der dem sinnlichen Erleben mehr Tragfähigkeit zusprach als den Worten. Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater leitete sein Publikum dazu an, zu riechen und zu schmecken. Hermann Nitschs Werk huldigte der Verwandlung des Seins im Kreislauf eines Menschenlebens", so die Stadträtin weiter. "Das im religiösen Zeremoniell wurzelnde Ritual war für Hermann Nitsch Form. Seine Kunst selbst sah er als Religionsausübung und metaphysische Tätigkeit. Er war ein herausragender Vertreter der österreichischen Avantgarde und wird in seinem einzigartigen Schaffen unvergessen bleiben", so Kaup-Hasler.

Klaus Albrecht Schröder, Albertina:

Mit großem Bedauern nimmt Klaus Albrecht Schröder das Ableben von Hermann Nitsch zur Kenntnis: "Mit Hermann Nitsch verliert Österreich einen der größten Künstler unserer Zeit. Sein beispielloser Einfluss reicht weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Nitschs ästhetische Vision mündete früh in die Idee des Gesamtkunstwerks. Damit hat Hermann Nitsch die Kunst nicht nur revolutioniert, sondern auch die Tore zur Aktion, zur Performance, schließlich zum modernen Weihespiel des Orgien-Mysterien-Theaters geöffnet", so der Albertina-Generaldirektor.

Stella Rollig, Belvedere:

"Mit Hermann Nitsch verlässt eine Zentralfigur der Kunstwelt die Bühne. Sein Gesamtwerk sucht in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts seinesgleichen, er hat entscheidend zum Wandel unseres Kunstbegriffs beigetragen", unterstrich auch Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig. In der Sammlung ihres Hauses befinden sich neun zentrale Werke sowie fünf mit Günter Brus geschaffene Gemeinschaftsarbeiten.

"Hermann Nitsch hat das österreichische Kunstgeschehen mit archaischer Mystik bereichert und den ritualisierten Exzess zur Kunst gemacht", würdigte Rollig den Verstorbenen.

Karola Kraus, Mumok:

"Mit seinem Tod verlieren wir einen Universalisten der Künste, der dem Wesen des Seins durch Kunst nachspürte. Sein scharfsinniger Geist wird uns fehlen", konstatierte mumok-Direktorin Karola Kraus gemeinsam mit dem Team des Hauses, das sich selbst als internationales Kompetenzzentrum des Wiener Aktionismus und damit auch von Nitsch begreift.

In Nitschs Arbeiten spiegelten sich die Konflikte seit den 1960er-Jahren wider: "Der geschichtsverdrängenden und von einem konservativen Katholizismus geprägten österreichischen Nachkriegsgesellschaft hielt die Kunst von Hermann Nitsch und seinen Mitstreitern des Wiener Aktionismus unverhohlen den Spiegel vor. Gegen die gesellschaftliche Flucht in die nationale Opferrolle und das künstlerische Behübschen mit einer verspäteten Modernerezeption setzte Nitsch in seiner Arbeit auf eine Unmittelbarkeit und sinnliche Intensität." (APA, 19.4.2022)