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Gegenspielern eine Nähe zu Drogen zu unterstellen ist eine gängige Strategie, um sie in ein schlechtes Licht zu rücken.

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Im Ukraine-Krieg ist viel Desinformation im Internet zu finden. So wird dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj derzeit aufgrund viraler Videos unterstellt, ein Drogenproblem zu haben und bei seinen Videos beeinträchtigt zu sein. In einer Analyse greift die APA einige Beispiele auf und entkräftet sie.

Aus der Luft gegriffen

In einem Artikel zum ukrainischen Präsidenten lautet die Headline "Kokainwahn im Drehstuhl", User der diversen Social-Media-Plattformen unterstellen Selenskyj ebenfalls Kokainkonsum. Der vermeintliche Beweis, ein Video auf Instagram, hält jedoch dem Faktencheck nicht stand. So gibt es keinerlei Hinweise, dass Selenskyj in seinen Videos durch Drogen beeinträchtigt ist. Die vermeintliche Kokainspur auf seinem Tisch ist eindeutig als Tischverzierung zu identifizieren, die auch auf anderen Fotos und Videos als solche zu erkennen ist.

Drogentest

Selenskyj wird von Kritikern und prorussischen Kreisen immer wieder etwa Alkohol- oder Kokainmissbrauch unterstellt. Beweise liefern die angeführten Videos keine. Selenskyj unterzog sich im Präsidentschaftswahlkampf 2019 auf eigene Initiative einem Drogentest, da es zu dieser Zeit ebenfalls Drogenvorwürfe gegeben hatte. Dieser fiel negativ aus.

Den Aufruf zu einem zweiten Test verweigerte Selenskyj, da er Provokationen durch seinen Kontrahenten am dafür vorgesehenen Ort befürchtete. Er erklärte aber, dass er bereit sei, Tests in anderen internationalen Labors durchzuführen, und dass er keine Drogen konsumiere. Der angeblich exzessive Drogenkonsum in der Ukraine ist auch Teil der russischen Propaganda. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete die ukrainische Führung im Februar als "drogenabhängige Neonazis".

Gängige Strategie

Russland ist für seine harte Drogenpolitik bekannt. Die US-Behörde Bureau of International Narcotics and Law Enforcement Affairs verwies im "International Narcotics Control Strategy Report" 2018 auf Angaben bei einer Konferenz in St. Petersburg, wonach 63 Prozent aller in Russland inhaftierten Personen wegen Drogendelikten einsaßen.

Einer Analyse von Parlamentsdebatten aus dem Jahr 2021 zufolge nimmt Russland Drogen als Bedrohung für die eigene Bevölkerung wahr und sieht das Problem als von anderen Ländern importiert an. Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim wurden dort Entzugsprogramme für Drogenabhängige eingestellt, infolge dessen soll es auch zu einem Anstieg der HIV-Infektionen gekommen sein. Da Russland etwa kein Methadon zur Behandlung von Drogensüchtigen erlaubt, kam es zu zahlreichen Todesfällen durch Überdosen oder Suizid.

Politisch unliebsamen Personen eine Nähe zu Drogen zu unterstellen ist eine gängige Strategie, um die Person in ein schlechtes Licht zu rücken. Bekannte Beispiele sind manipulierte Videos der demokratischen US-Politikerin und Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Reale Videos von Interviews und Reden Pelosis wurden dabei in der Geschwindigkeit reduziert, damit es so wirkt, als wäre die Politikerin betrunken und nicht zurechnungsfähig. Die Videos wurden Millionen Male angesehen. (APA, 22.4.2022)