Gitarrist Wolfgang Muthspiel, einer der starken Solisten des Abends.

Foto: Laura Pleifer

"Symphonic Jazz" gibt es irgendwie schon ewig, in den 1950ern entstand etwa der Third Stream, der komponierte Musik mit Jazzimprovisation verbinden wollte. Wenn also beim am Montagabend im Konzerthaus präsentierten Projekt eine neue "Fusion aus zeitgenössischer Klassik und Jazz" angekündigt wurde, lagen quasi einige höhere musikhistorische Latten in Sichtweite.

Die unter dem Namen Vienna Chamber Diaries auftretende Formation spielt Stücke von Mastermind und Komponist Johannes Berauer. Seine Kompositionen heißen Valse bleue,Divertimento in Blue,Far Side of the Moon oder New Horizon – und zugegebenermaßen klingen sie auch ein bisschen so. Insofern: Die Idee, Kammermusik und Jazz zugleich neu zu erfinden, erwies sich als etwas hochtrabend.

Natürlich waren exzellente Improvisatoren versammelt: Der feinsinnige Gitarrist Wolfgang Muthspiel ist ein Meister der Mehrstimmigkeit, der weit ausgreifenden Loops und einer gleichsam in dem Raum hinein vibrierenden Poesie. Der zupackende Klaus Gesing (Sopransax, Bassklarinette) und Christian Bakanic am flexibel modellierenden Akkordeon (am Schlagzeug weniger ideenreich) sowie Pianist Gwilym Simcock setzten viele markante Akzente.

Kompositorisch ohne Raffinesse

Doch die Grundidee, deren improvisatorische Elemente mit dem Ensemblesound zu verbinden, wirkte mit ihren komponierten Teilen neben exzellenten Improvisatoren wie Wolfgang Muthspiel etwas schlicht. Das lag keineswegs am Streicherensemble rund um den großartigen Johannes Dickbauer als "Konzertmeister", das seine Parts jederzeit klangschön, homogen und wohl auch mit Überzeugung vortrug.

Die umgesetzten "Teppiche", bestehend aus Streicherakkorden oder -Unisoni, hat man in anderen Kompositionen allesamt durchaus schon einmal so ähnlich, aber inspirierter gehört. So blieb es bei viel solistischer Stringenz innerhalb eines wenig markanten Dauerplätscherns. (Daniel Ender, 27.4.2022)