Landeshauptmann Markus Wallner und der Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz bei einer Wahlkampfverantaltung 2014.

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Die Wirtschaftsbund-Affäre sorgt in Vorarlberg für einen Dammbruch – und die Flut der Vorwürfe erfasst nun auch die Vorarlberger Volkspartei selbst. Den STANDARD erreichte ein anonymer Brief, in dem der Landesgeschäftsführer der ÖVP, Dietmar Wetz, belastet wird. Ihm werden darin Betrug, Beweismittelfälschung und Mobbing vorgeworfen.

ÖVP sieht Vorwürfe geklärt

In der Vorarlberger ÖVP bestätigt man das Schreiben. Eine Anfrage des STANDARD an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) beantwortete schließlich der belastete Wetz. Das Schreiben "wurde im Jahr 2018 in Wien aufgegeben und an Landeshauptmann Wallner sowie den damaligen Generalsekretär der ÖVP versendet. Daraufhin hat Landeshauptmann Wallner den zu diesem Zeitpunkt Vorsitzenden des Kontrollrates der ÖVP Vorarlberg umgehend damit beauftragt, diesen Vorwürfen nachzugehen. Der Kontrollrat ist nach Prüfung der Vorwürfe zu dem klaren Ergebnis gekommen, dass diese haltlos sind und nicht den Tatsachen entsprechen", so Wetz. Dem STANDARD liegt das Protokoll jener Sitzung vor, in der der Vorsitzende des Kontrollrats über die Prüfung berichtete. Diese sei "sehr genau" erfolgt, die Vorwürfe hätten sich durch nichts bestätigt, heißt es darin.

Kilometergeld

Der anonyme Verfasser legte dem Brief auch Dokumente bei, die die Vorwürfe belegen sollen. Konkret geht es einerseits um eine Betriebsratswahl im Jahr 2013. Es bestehe der "begründete Verdacht", dass Wetz diese Wahlen fingiert habe. Es habe nämlich gar keine Wahl stattgefunden, obwohl es ein Protokoll dazu gibt. Dabei handle es sich wegen der fehlenden Wahl aber um eine "Lugurkunde", heißt es im Brief. Als Betriebsratsvorsitzende habe dann jahrelang eine Vertraute von Wetz gearbeitet.

Bezüglich der Kilometergeldabrechnung soll der Landesgeschäftsführer mehrmals Geld für Fahrten kassiert haben, die so gar nicht stattgefunden hätten, heißt es außerdem. Als Beispiel werden drei Fahrten aus dem Jahr 2015 angeführt, die Praxis habe es aber über Jahre gegeben. Für eine dieser Fahrten ist die Teilnehmerliste an einer Sitzung beigelegt, auf der Wetz nicht verzeichnet ist.

"Schreckensherrschaft"

Die Kilometergeldabrechnung für den Monat Juni, die dem Brief beigelegt ist, zeigt, dass Wetz auch Fahrten von seinem Wohnort an den Arbeitsplatz abgerechnet hat. Solche Fahrten können in der Regel nicht abgerechnet werden. Insgesamt geht es für den besagten Zeitraum um zwölf Fahrten, die entweder von der Heimatgemeinde oder in die Heimatgemeinde führen.

Der dritte Vorwurf betrifft die Zustände in der ÖVP-Geschäftsstelle. Dort übe Wetz eine "Schreckensherrschaft" aus, heißt es im Brief. Er mache Dienstnehmer regelmäßig nieder, die Wortwahl sei "derb und deftig". Zahlreiche Personalabgänge aus den letzten Jahren würden nachweislich in Zusammenhang mit seinem Führungsstil stehen. Im Brief wird deswegen auch der Vorwurf des "systematischen Mobbings" genannt. Dazu habe es auch mehrere Gespräche mit Wallner, aber auch mit der Gewerkschaft gegeben. Bei der zuständigen Gewerkschaft kann man einen Kontakt nicht bestätigen.

Offene Rechnungen

In der ÖVP ist man freilich nicht glücklich über das Auftauchen des vier Jahre alten Briefs, allerdings scheint man auch nicht allzu überrascht zu sein. Die zahlreichen Verfehlungen, die in der Causa Wirtschaftsbund ans Licht kommen, bieten derzeit natürlich eine große Angriffsfläche. Menschen, die eine offene Rechnung mit Verantwortlichen haben, gibt es wohl auch.

Wallner wird bekanntlich von einem Manager Korruption vorgeworfen, den Vorarlberger Nachrichten liegt zwar der Name des Mannes vor, der seine Schilderungen per eidesstattlicher Erklärung abgab, die Zeitung kommt aber dem Wunsch nach Anonymität nach. Wallner kritisierte massiv, dass diese – für ihn nicht nachvollziehbaren – Schilderungen zu Rücktrittsforderungen an ihn führten, und stellte rechtliche Schritte in Aussicht.

Ex-Mitarbeiter bestätigen Eindrücke

Erzählungen ehemaliger Mitarbeiter der Geschäftsstelle scheinen zumindest die Angaben über Wetz’ Verhalten gegenüber manchen Angestellten zu bestätigen. Bei einigen seien regelmäßig Tränen geflossen, auch Kündigungen von Mitarbeitern der Zentrale, die auf diese Atmosphäre zurückzuführen sind, hat es demnach gegeben. Auch gegenüber Wallner sei das angesprochen worden. (Lara Hagen, 27.4.2022)