Rendi-Wagner hat in der Kanzlerfrage zuletzt vier Prozentpunkte zugelegt,

Foto: Robert Newald

Linz – Zum Tag der Arbeit kann die SPÖ einen deutlichen Vorsprung vor anderen Parteien in der Sonntagsfrage und auch im Hinblick auf die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen verbuchen. Das geht aus einer Umfrage des Linzer Market-Instituts im Auftrag des STANDARD hervor.

Würde jetzt – und nicht wie vom Wahlkalender vorgesehen im Herbst 2024 – ein neuer Nationalrat gewählt, könnte die SPÖ mit 28 Prozent einen deutlichen Wahlsieg vor der ÖVP (24 Prozent) und den Freiheitlichen (19 Prozent) verbuchen. Die Neos kämen auf zwölf, die Grünen auf elf Prozent. Und wie schon in den letzten Umfragewellen hätte die MFG gute Chancen, mit etwa fünf Prozent ins Parlament zu kommen.

Türkis-Grün derzeit ohne Mehrheit

Die Zahlen legen auch nahe, dass die türkis-grüne Regierungskoalition derzeit mit 35 Prozent in der Wählergunst ohne Mehrheit dasteht und gemeinsam weniger Zustimmung hat, als die ÖVP unter Sebastian Kurz bei der Wahl 2019 erzielen konnte. Damals erhielt die ÖVP 37,5 Prozent, ein starkes Drittel ihrer Wählerschaft hat sich inzwischen verlaufen.

Es zeigt sich auch, dass eine Zweierkoalition nur von SPÖ und ÖVP gebildet werden könnte – und das wohl unter Pamela Rendi-Wagner. Die SPÖ-Vorsitzende bekäme in einer Direktwahl 19 Prozent, sie läge damit zwar immer noch hinter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) – dies aber nur noch knapp. Im Februar hätte Nehammer eine fiktive Kanzlerwahl mit 26 Prozent und elf Prozentpunkten Vorsprung vor Rendi-Wagner gewonnen. "Inzwischen ist der Kanzlerbonus geschwunden, derzeit würden nur noch 22 Prozent Nehammer direkt wählen. Rendi-Wagner ist gleichzeitig um vier Prozentpunkte gestiegen, damit ist sie auf drei Prozentpunkte an Nehammer herangerückt", erläutert Wahlforscher David Pfarrhofer von Market.

Neuwahlen nicht in Sicht

Aber das ist alles Theorie – es gibt ja keine Direktwahl des Kanzlers oder der Kanzlerin (obwohl Spitzenkandidaten eine wichtige Rolle in Wahlkämpfen spielen), und Neuwahlen sind derzeit nicht in Sicht. Pfarrhofer: "Im Dezember haben zwei Drittel der Befragten mit Neuwahlen gerechnet, jetzt tut das noch jeder Zweite. Aber populär wäre eine vorgezogene Wahl nicht. Nur 21 Prozent wollen auf jeden Fall rasch wählen – ganz stark ist dieser Wunsch nur bei Anhängern der FPÖ und der MFG, die überhaupt sehr ähnliche politische Haltungen haben."

Umgekehrt werden diese beiden Parteien auch von der Gesamtheit der Wahlberechtigten als ähnlich wahrgenommen, auch wenn der in den Medien wenig präsente MFG-Chef Michael Brunner in der Kanzlerfrage nur zwei Prozent bekommt, Freiheitlichen-Obmann Herbert Kickl dagegen sieben.

Beispielhaft lässt sich das an der Frage zeigen, welchen Parteien, Organisationen die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen zugetraut wird."

Da bekommen MFG und FPÖ ganz schlechte Noten, 3,87 und 3,66 – in der Schule wäre das also allenfalls ein Genügend. Und es sind auch nur einzelne Befragte unter den Anhängern dieser Parteien, die dort spezifisch die Arbeitnehmerinteressen vermuten. Diese werden eindeutig bei der SPÖ und in den von der SPÖ dominierten Institutionen vermutet", sagt Pfarrhofer.

Die besten Noten erhält die Arbeiterkammer – 62 Prozent geben ein Sehr gut oder Gut, wobei die besten Noten von erklärten SPÖ- und Grün-Wählerinnen und -Wählern kommen, die schlechtesten aus der Gefolgschaft von MFG und FPÖ. Notenschnitt der AK: 2,18. Es folgen Betriebsräte, Gewerkschaftsbund und dessen Teilgewerkschaften sowie die Sozialpartner im Allgemeinen vor der SPÖ und der ÖVP-Arbeitnehmerorganisation ÖAAB.

Pfarrhofer hebt die hohe Zustimmung zum Vorschlag, dass jeder seine Interessen selbst vertreten sollte (Durchschnittsnote 2,32), hervor: "Da gibt immerhin jeder Zweite einen Einser oder Zweier. Beachtlich ist auch, dass dem Bundespräsidenten mehr an Vertretung von Arbeitnehmerinteressen zugetraut wird als der Regierung oder den einzelnen Regierungsparteien." Die Grünen liegen da gleichauf mit den Neos (beide Durchschnittsnote 3,47) und nur knapp vor der ÖVP (3,51).

Grüne zufrieden mit Kogler

Zu den Grünen, die am Samstag ihren Bundeskongress in Villach abhalten, ließ DER STANDARD auch erheben, wie deren Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler gesehen wird.

Dabei zeigt sich, dass er in der eigenen als Grün deklarierten Wählerschaft durchwegs gute Noten bekommt – 86 Prozent der Grünen sind mit ihm völlig oder eher schon zufrieden. (Conrad Seidl, 29.4.2022)