Mehr "Wir" und weniger Politik im ORF fordern SPÖ und Neos. Die Wahl des ORF-Generaldirektors, hier Roland Weissmann, solle künftig in geheimer Abstimmung erfolgen.

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Wien – Die beiden Oppositionsparteien SPÖ und Neos drängen auf ein neues ORF-Gesetz und eine Gremienreform. Sie haben am Mittwoch im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht, der die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stärken soll. Am 19. Mai konstituiert sich der ORF-Stiftungsrat, das wichtigste Gremium im ORF.

"Die Bestellung des Stiftungsrates und die Wahl des Generaldirektors, der Generaldirektorin gehören auf neue Beine gestellt und insgesamt die Unabhängigkeit des ORF gestärkt", so die Oppositionsparteien in einem gemeinsamen Antrag. Ziel einer solchen Gremienreform müsse Unabhängigkeit, Transparenz und Stärkung der Expertise sein, fordern SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried und Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter, und: "Nur so kann sichergestellt werden, dass der ORF auch zukünftigen Generationen als rot-weiß-rotes Leitmedium erhalten bleibt."

"Überproportionaler Einfluss" der ÖVP

Anhand der letzten Bestellung des ORF-Generaldirektors zeigte sich deutlich, dass das noch auf Schwarz-Blau zurückgehende ORF-Gesetz es der ÖVP ermögliche, "überproportionalen Einfluss auf die Generaldirektorwahl und somit auf die Zukunft des ORF zu nehmen. Die Zusammensetzung des Stiftungsrates entspricht auch nicht der politischen Situation in Österreich", heißt es in dem Antrag. Derzeit haben die ÖVP-nahen Stiftungsräte eine Mehrheit im Stiftungsrat.

Um den Stiftungsrat unabhängiger von politischen Parteien zu machen, fordern SPÖ und Neos in dem Antrag eine "stärkere Einbeziehung repräsentativer Organisationen und Repräsentant*innen der Zivilgesellschaft wie NGOs, Sozialorganisationen oder Vertreter*innen der Filmschaffenden- und Produzent*innen und der Wissenschaft. Auch eine Vergabe von Stiftungsratsplätzen an Bürger*innen per Los wäre eine Möglichkeit, die es zu diskutieren gilt."

Geheime Abstimmung, keine digitalen Fesseln

Außerdem müsse die Wahl des ORF-Generaldirektors in geheimer Abstimmung erfolgen. Im digitalen Bereich wünschen sich die beiden Oppositionsparteien mehr Spielraum und schreiben: "Angestrebt werden soll eine Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Auftrags, die Aufhebung der übermäßigen Beschränkungen des Online-Angebots, digitale Entwicklungsfreiheit und Ermöglichung neuer Angebote, Zugänge und Kanäle inklusive online first und digital only, um der modernen Mediennutzung des Publikums und den massiven technologischen Entwicklungen gerecht werden zu können." (red, 28.4.2022)