Die Macher der Documenta 15 demonstrieren nach wie vor Einigkeit, vom Zentralrat der Juden in Deutschland werden sie kritisiert.

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Kassel/Wiesbaden – Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) hat die Kritik des Zentralrats der Juden in Deutschland an der Kunstausstellung Documenta zurückgewiesen und Gespräche angeboten. Zentralrat-Präsident Josef Schuster hatte zuvor in einem Brief an die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) den Umgang der Weltkunstausstellung mit Antisemitismus kritisiert.

Dabei ging es unter anderem um die Zusammensetzung von Experten-Foren, die das Thema diskutieren sollen. Die Documenta hatte die Veranstaltungen angekündigt, nachdem ein Bündnis dem Kuratorenkollektiv Ruangrupa Anfang des Jahres vorgeworfen hatte, bei der 15. Ausgabe der Ausstellung seien auch Organisationen eingebunden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützten oder antisemitisch seien.

Kritik an Besetzung der Foren

Schuster kritisiert in dem Brief an Roth unter anderem die Besetzung der Foren und beklagt, der Dachverband der jüdischen Gemeinschaft sei nicht eingebunden. Dorn teilte dazu am Freitag mit: "Ich habe den Eindruck, dass auf den Panels eine reichhaltige Expertise zum Umgang mit Antisemitismus im kulturellen Kontext vertreten ist, aus akademischen Einrichtungen, praktischer Arbeit und künstlerischer Sicht." Für Gespräche, wie darüber hinaus die Expertise aus der jüdischen Gemeinschaft genutzt werden könne, stehe sie als Vertreterin des Landes Hessen im Aufsichtsrat der Documenta jederzeit zur Verfügung.

Dorn betonte, sie teile die Sorgen des Zentralrats angesichts des Antisemitismus, der das jüdische Leben in Deutschland leider noch immer belaste, vollständig. "Der Antisemitismus ist eines der drängendsten Probleme des Zusammenlebens in unserer vielfältigen Gesellschaft." Er dürfe weder auf der Straße noch in der Kultur Platz finden. Es sei deshalb sehr wichtig, im Vorfeld der Documenta kundige Stimmen mit verschiedenen Sichtweisen auf die Fragen von Antisemitismus im Kontext der Kunst zu versammeln.

"Keine Schlagseite"

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Documenta, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), teilte am Freitag mit, er stehe hinter der Documenta und der Künstlerischen Leitung. "Ich kenne den Inhalt des Brandbriefes von Herrn Schuster an Frau Roth nicht. Aus der Zusammensetzung der Podien kann ich keine Schlagseite zugunsten des Antisemitismus erkennen." Ruangrupa und die Documenta hätten sich sehr klar und deutlich gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und gewaltbereiten religiösen Fundamentalismus sowie gegen jede Art von Diskriminierung positioniert.

Der Zentralrat will sichergestellt wissen, dass im Rahmen der Documenta "keine antisemitischen Kunstwerke ausgestellt und kein Antisemitismus und Israelhass propagiert" wird und "ein Expertengremium dies überwachen sollte". Eingriffe in die künstlerische Freiheit lehnen sowohl Documenta-Organisatoren wie die politisch Verantwortlichen in Berlin ab. (APA, 29.4.2022)