ORF-3-Programmgeschäftsführer Peter Schöber.

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Wien – Die Zielrichtung für ORF 3 ist klar. "Wir wollen verstärkt live und verstärkt regionalisiert arbeiten", macht Programmgeschäftsführer Peter Schöber im APA-Gespräch deutlich. Das zeigt sich auch in den Kulturplänen des Senders, der am Mittwochabend seine Jahresvorhaben enthüllt. So finden sich weiterhin im Programm Übertragungen von den Klassiktankern und den großen Sprechbühnen des Landes. Aber auch kleinere Player und unbekanntere Festivals werden heuer zu TV-Ehren kommen.

"ORF 3 ist im besten Sinn des Wortes dank vieler Künstlerinnen und Künstler eine Kulturmaschine", zeigte sich Schöber selbst beeindruckt, wie geschmiert das Werkl läuft. 15 Eigenproduktionen hat man heuer im Kultursommer im Talon, wobei das thematische Spektrum sich vom Festival Grafenegg mit Rudolf Buchbinder über die konzertante Open-Air-Fassung des Muscialklassikers "Elisabeth" vor Schloss Schönbrunn bis hin zum Operettengassenhauer "Im weißen Rössl" aus der Sommerarena Baden erstreckt.

Volksoper

Bei den Bundestheatern ist die Volksoper unter ihrer neuen Intendantin Lotte de Beer im September mit der Operette "Die Dubarry" vom Eröffnungswochenende und einer "Fledermaus" mit Maria Happel vertreten. Vor allem aber setzt man die enge Kooperation mit der Staatsoper fort, ist hier doch das Ballett "Die Jahreszeiten", die zeitversetzt ausgestrahlte Silvester-"Die Fledermaus" oder die Neuinszenierung der "Meistersinger von Nürnberg" zu erwarten. Und auch das unter neuer Direktion von Stefan Herheim stehende Theater an der Wien ist mit von der Partie, zeigt man hier doch die Eröffnungsproduktion der Intendanz, Janáceks "Das schlaue Füchslein".

Die Erkenntnis bei den Häusern über den Mehrwert einer Übertragung sei deutlich gewachsen, so Schöber: "Bei den Bühnen gibt es ein großes Verständnis, dass eine Liveübertragung als erweiterte Bühne gesehen wird. Das verkauft noch keine Tickets, aber wenn man nicht präsent ist, verkauft man auch nicht mehr Tickets."

"Land von Kulturjunkies"

Zugleich kommen aber auch Veranstalter in den Fokus, die sich abseits des hauptstädtischen Parketts um die Kultur im Lande kümmern, wenn etwa am 5. Juni Purcells "Dido and Aeneas" von den Barocktagen Stift Melk, die "Nabucco" aus der burgenländischen Oper im Steinbruch oder Asmik Grigorians Auftritt bei den Taggenbrunner Festspielen in Kärnten übertragen wird. "Auch das regionale Kulturschaffen findet auf Weltniveau statt", unterstreicht Schöber. "Es ist unabdingbar, dass wir als Kulturnation den Menschen auf breiter Basis Kultur anbieten." Und dazu gehöre eben auch Volkskultur und Brauchtum: "Wir sind ein Land von Kulturjunkies, und wir müssen möglichst viele Menschen dazu verführen, dass sie mit Kultur in Berührung kommen."

Hauskünstler André Heller setzt im Programm deshalb seine beiden Schienen, die "Menschenkinder" und die "Hauskonzerte", fort und hat dafür Stars wie Senta Berger, Martin Grubinger oder Hubert von Goisern zu Gast. Aus Oberösterreich überträgt man im Juli heuer das "Woodstock der Blasmusik", vor allem aber ist man auch heuer beim Donauinselfest live von 24. bis 26. Juni dabei. Allgemein müsse man bei ORF 3 im U-Musikbereich jedoch darauf achten, nicht ins Spezialistentum abzurutschen: "Wenn es in Richtung Death Metal geht, wird es schwierig."

Kulturbeirat

In weiten Teilen neu besetzt ist darüber hinaus der Kulturbeirat, zu dem nun Mitglieder wie Burgtheater-Direktor Martin Kusej, Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer oder die einstige Salzburger Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler gehören. Das Feedback des Gremiums sei für das Haus von entscheidender Bedeutung. "Das ist ein wichtiger Input für uns als Sender, das ist unser Sensorium in die Kulturbranche insgesamt", machte Schöber deutlich.

Die Stärkung der Infoschiene unter der neuen Chefredakteurin Lou Lorenz-Dittlbacher bedeute dabei nicht automatisch eine Schwächung des Kulturfokus. "Das sind natürlich kommunizierende Gefäße", so der ORF-3-Geschäftsführer. Aber die Gemeinsamkeiten würden überwiegen, zähle doch in beiden Fällen das Liveelement und die zunehmende Bedeutung der präzisen Einordnung.

Synergien mit ORF 2

Auch in der Abgrenzung zu ORF 2 gebe es keinerlei Friktionen, würden doch etwa weiterhin große Premieren von den Salzburger Festspielen bei den Kollegen ausgestrahlt. ORF 3 sei ein Flächenprogramm, aber auch in ORF 2 sei die Kultur ein wichtiger Bestandteil. "Außerdem haben wir hier sehr viele Synergien", so Schöber.

Entsprechend habe er auch keine Existenzängste beim Wechsel in der Generaldirektion zu Roland Weißmann gehabt, galt ORF 3 doch immer als "Baby" des damaligen ORF-Chefs Alexander Wrabetz: "Wir sind ein Baby des ORF. Wir sind Teil des Gesamtprogrammauftrages des ORF." (APA, 3.5.2022)