Die Volksanwaltschaft kontrolliert unter anderem Menschenrechtsverletzungen in Heimen, aber auch in Justizanstalten.

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An jedem Arbeitstag gingen im Jahr 2021 durchschnittlich 95 Beschwerden bei der Volksanwaltschaft ein. Diese prüft, ob Österreichs Institutionen Menschenrechte verletzen, und hilft Bürgerinnen und Bürgern dabei, ihre Rechte durchzusetzen. Und: Sie hatte im Vorjahr deutlich mehr zu tun als sonst. Genau 23.633 Menschen wandten sich in Summe im Jahr 2021 an die Volksanwaltschaft, wie die Volksanwälte Walter Rosenkranz, Werner Amon und Bernhard Achitz bei der Präsentation des Jahresberichts bekanntgaben. In knapp der Hälfte der Fälle leitete die Volksanwaltschaft ein Prüfverfahren ein, fast 17.000 Beschwerden betrafen die Verwaltung.

Inhaltlich ging es in den allermeisten Beschwerden um die Themen Soziales und Gesundheit (in 31,5 Prozent der Fälle), und da etwa um Covid-19-Maßnahmen, um Fragen zur Krankenversicherung oder um Probleme von Menschen mit Behinderung. 22,3 Prozent der Fälle betrafen die innere Sicherheit, also etwa das Fremden- und Asylrecht und die Polizei. 14 Prozent betrafen die Justiz, dabei vor allem den Strafvollzug und die Dauer von Gerichtsverfahren.

Beanstandungen bei zwei Dritteln der Kontrollen

Bei präventiven Menschenrechtskontrollen werden außerdem Justizanstalten, Polizeianhaltezentren, Alten- und Pflegeheime, psychiatrische Abteilungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Behindertenbetreuung kontrolliert. Dazu prüfte die Volksanwaltschaft Demonstrationen und Abschiebungen.

2021 sind laut Volksanwaltschaft 570 solcher Kontrollen durchgeführt worden, davon 541 in Einrichtungen, in denen Menschen angehalten werden. 29-mal wurden Polizeieinsätze begleitet. "Um einen möglichst unverfälschten Eindruck zu erhalten, erfolgten die Kontrollen in der Regel unangekündigt", heißt es von der Volksanwaltschaft. Und weiter: "In 63 Prozent der präventiven Kontrollen sahen sich die Kommissionen veranlasst, die menschenrechtliche Situation zu beanstanden."

Die Corona-Pandemie hat da die Situation massiv verschärft, wie aus dem nun fertigen Bericht an National- und Bundesrat hervorgeht. Dort heißt es, "bereits bestehende Defizite" hätten sich "noch verstärkt". Einschränkungen seien nicht immer verhältnismäßig gewesen: "So wurden Menschen in Einrichtungen teilweise stärker in ihren Grundrechten und ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt als die übrige Bevölkerung." Auch dass das Personal, etwa in Pflegeeinrichtungen, leidet, wird in dem Bericht festgehalten.

Abbröckelnder Putz und Neonlicht

Besonders krasse Menschenrechtsverletzungen stellte die Kommission etwa in einer privaten Pflegeeinrichtung in Oberösterreich fest: "Die Räume der WG waren klein, abgenutzt, spärlich eingerichtet und mit veralteten Pflegebetten ausgestattet. Der Putz bröckelte teilweise von den Wänden, die Böden waren rissig und verschmutzt. Es gab keine Freiflächen zum gemeinschaftlichen Aufenthalt, keine Pflegebäder, keinen Zugang zu Grünflächen oder Gartenanlagen", außerdem habe es nur eine einzige Diplomkraft im ganzen Haus gegeben. Die Einrichtung sei geschlossen worden, heißt es im Bericht.

Auch im Bereich Haft stieß die Volksanwaltschaft auf gravierende Mängel. So sei man im Jänner 2021 auf einen Häftling gestoßen, der seit 19 Tagen bei ständig eingeschaltetem Neonlicht untergebracht gewesen sein soll, das zähle als "Folter", urteilte die Kommission. In anderen Haftanstalten bemängelte sie zu wenige Sportmöglichkeiten oder unzureichende Besuchsmöglichkeiten.

Impfpriorisierung und Absonderungsbescheide

So viele Menschen wie nie zuvor haben sich im Vorjahr in Gesundheitsangelegenheiten bei der Volksanwaltschaft beschwert. Dabei ging es etwa um die Priorisierung bei den Corona-Schutzimpfungen, die nicht immer eingehalten worden sei. Außerdem schreibt die Volksanwaltschaft zu den häufig wechselnden Verordnungen: "Anfragen (...) machten deutlich, dass die in Pressekonferenzen verkündeten Inhalte und Auskünfte von Behörden die allgemeine Verunsicherung weiter verstärkt haben." Probleme gebe es auch mit unterschiedlichen Vorgangsweisen bei den Absonderungsbescheiden, je nach Bezirksbehörde.

Einer der wenigen Bereiche, in dem es einen Rückgang von Beschwerden gegeben habe, sei der konsularische Bereich. Auch im Asyl- und Fremdenrecht seien die Beschwerdefälle wegen über langer Asylverfahren und der Dauer von Rechtsmittelverfahren zurückgegangen. (Gabriele Scherndl, 4.5.2022)