Kanzler Nehammer beklagt, dass staatliches Krisenmanagement durch zahlreiche Privatisierungen deutlich schwieriger geworden sei.

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Im Bild: Die Österreichische Beteiligungs AG, die staatliche Beteiligungen an Unternehmen verwaltet.

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Wien – Die Bundesregierung denkt darüber nach, wie Gewinne von Firmen mit Staatsbeteiligung, die überproportional von der Krise profitieren, gesetzlich abgeschöpft werden können. "Ich habe dem Finanzminister und der Wirtschaftsministerin den Auftrag gegeben, Vorschläge dafür vorzulegen", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) der "Tiroler Tageszeitung". Zugleich wies er darauf hin, dass die teilweise Privatisierung von Betrieben nun in der Krise für den Staat Probleme aufwerfe.

Den Finanzminister als Gewinner der Krise zu sehen sei aber falsch, da dieser nur "Treuhänder von Steuergeld" sei und Mehreinnahmen an den Staat als Gemeinschaft gingen. "Wir geben den Menschen auch schon viel Geld zurück. Wir müssen aber immer darauf achten, dass wir zielgerichtet handeln und nicht die Inflation weitertreiben", so der Bundeskanzler.

Probleme bei Unternehmen nach Privatisierung

Nehammer wies auch auf Probleme bei privatisierten Unternehmen hin, die sich in Krisenzeiten zeigten. Staatliches Krisenmanagement sei "durch die Privatisierung von Infrastrukturunternehmen deutlich schwieriger geworden". Denn auch wenn der Staat an einem börsennotierten Unternehmen beteiligt sei, selbst mehrheitlich wie beim Verbund, gelte Aktienrecht vor staatlichen Zielen. "Wenn keine Krise ist, werfen diese Unternehmen Dividenden ab. In der Krise behindert uns diese Struktur aber. Wir müssen daher nachdenken, wie wir zu einem neuen Weg kommen", so der Kanzler.

"Ziel muss sein, darauf zu achten, dass wenn Unternehmen mit staatlicher Beteiligung große Gewinne erwirtschaften, die Eigentümer profitieren – und das sind am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Ihnen gehört dieses Unternehmen ... Zufallsgewinne bei Unternehmen mit staatlicher Beteiligung gehören dem Volk und nicht den Unternehmen allein. Da braucht es ein neues Reglement", wird Nehammer zitiert.

Als Beispiel nannte der Kanzler hohe Gewinne bei der Stromproduktion aus Wasserkraft, wo nun die hohen Gaspreise der Maßstab für den Strompreis sind. "Da müssen wir uns überlegen, wie diese Gewinne für die Menschen verfügbar gemacht werden können. Alle Wirtschaftsliberalen fallen jetzt gleich in Ohnmacht. Aber in Zeiten der Krise müssen wir zusammenhelfen."

Verluste an der Börse

Die Anleger reagierten auf die Überlegungen Nehammers negativ. Die Wiener Börse hat sich am Donnerstagnachmittag entgegen einer starken Stimmung an den europäischen Leitbörsen mit deutlichen Verlusten präsentiert. Der ATX gab bis 16 Uhr um 1,8 Prozent auf 3.197,02 Punkte nach. Besonders stark traf es die Aktie des Stromanbieters Verbund, die um 12,3 Prozent sank.

In einer ersten Reaktion auf die Äußerungen Nehammers zeigte sich die Industriellenvereinigung "besorgt": "Ad-hoc-Eingriffe in den rechtlichen und steuerlichen Rahmen schädigen den Standort Österreich. Bereits die öffentliche Erwägung solcher willkürlichen Interventionen unterminiert das Vertrauen in die Planbarkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich und führt zur Investitionszurückhaltung", heißt es in einer Aussendung.

Das Aktien-Forum, der österreichische Verband für Aktien-Emittenten und -Investoren, gab sich "alarmiert": "Solche Aussagen des Bundeskanzlers sind in der momentan schwierigen wirtschaftlichen Situation verheerend und schädigen den heimischen Kapitalmarkt enorm. Sie verursachen Verunsicherung und Vertrauensverluste", sagte Aktien-Forum-Präsident Robert Ottel. (APA, red, 5.5.2022)