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Noch fehlt es an einer Willkommenskultur für das Großraubtier in Österreich, wo derzeit rund 40 Wölfe durch die Wälder streifen.

Foto: Imago Images / Blickwinkel

Mit dem ersten Kuhglockengeläut und dem damit anstehenden Beginn der Almensaison kehrt ein Tier in den öffentlichen Fokus zurück, das wie kein anderes die Meinungen spaltet: der Wolf. Konsequent schaukeln da die Wogen zwischen Sympathie und Antipathie immer höher. Die Spannweite reicht von den lauten Rufen nach Abschüssen bis hin zu einer möglichst friedlichen Koexistenz mit dem zurückgekehrten Beutegreifer. Nach über 100 Jahren Abwesenheit gab es seit 2016 mit dem Rudel in Allentsteig die erste Reproduktion von Wölfen in Österreich. Heute dürften rund 40 Wölfe in heimischen Wäldern leben.

Naturgemäß sind es vor allem Landwirte, die sich um ihre Tiere sorgen und den Wolf am ehesten dann dulden, wenn er möglichst weit weg ist. Demgegenüber stehen die Artenschützer, die ein friedliches Nebeneinander für möglich halten und die Lösung in einem adäquaten Herdenschutz sehen. Fachleute beklagen seit Jahren das Fehlen von Hirten auf heimischen Almen – wenn es darum geht, die Viehherden vor dem Wolf zu schützen. Viele der ausgebildeten Stickträger würden in Richtung Italien und Schweiz abziehen, wo die monetäre Situation besser sei.

7207 Hirten in Österreich

Vor diesem Hintergrund ist umso spannender, dass eine – dem STANDARD vorliegende – Anfragebeantwortung der grünen Nationalratsabgeordneten Astrid Rössler an Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (VP) das Gegenteil von einem Hirtenmangel ausweist: 7207 Hirten waren im Vorjahr offiziell gelistet und haben eine entsprechende Behirtungsprämien kassiert. Legt man die Zahl der Hirten also auf die 4769 Almen in Österreich um, müsste man eigentlich auf jeder Wiese auf mehr als einen Hirten treffen. Was aber nicht so ist – und damit der Verdacht naheliegt, dass die Hirtenzahl eine statistische Größe ist. Und in den vergangenen Jahren Millionen an Fördergeldern versenkt wurden.

Erkannt hat man dies aber jetzt offenbar auch im Landwirtschaftsministerium. Denn mit dem kommenden Jahr wird die Behirtungsprämie neu aufgestellt und die Förderverpflichtungen deutlich verschärft. So hat künftig ein Anrecht auf die Prämie nur jener Hirte, der eine "Behirtung der jeweiligen Tierart während mindestens 60 Kalendertagen auf einer oder mehreren Almen" absolviert. Und: "Die Behirtung erfordert eine tägliche, ordnungsgemäße Versorgung der Tiere, erforderlichenfalls auch nächtens. Eine reine Nachschau ist nicht ausreichend." Offen bleibt dabei aber die Frage, wie eine korrekte Behirtung letztlich überprüfbar ist.

Zäune und Hunde fehlen weiter

Zudem werden die Fördermittel leicht aufgestockt. Für die Tierwohlbehirtung sind von 2023 bis 2027 80 Millionen Euro und für die Almbewirtschaftung rund 55 Millionen Euro vorgesehen. Zumindest eine leichte Steigerung: 2023 sollen 27,1 Millionen Euro an die einzelnen Bundesländer ausgezahlt werden, im Zeitraum 2014 bis 2022 waren es jährlich rund 24 Millionen Euro.

Dem WWF ist das nicht genug. Die Förderung für Herdenschutz bleibe weit unter dem, was sinnvoll und nötig wäre, sagt WWF-Wolfsexperte Christian Pichler. "Außerdem fehlt ein Gesamtkonzept – neben Mitteln für Behirtung braucht es auch jene für die Anschaffung von Zäunen." Auch Rössler sieht Bedarf an Hunden, einer Abgeltung von Mehraufwand und Zäunen. Sie appelliert an die Bundesländer, "gemeinsam das umzusetzen und nicht völlig EU-Rechts-widrige Abschuss-Verordnungen zu erlassen". (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, 7.5.2022)