Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat weiterhin das Vertrauen des Landtages, zumindest von Abgeordneten der ÖVP, der Grünen und eines ehemaligen SPÖ-Mannes. Das Vertrauen der Grünen (rechts Landesrat Daniel Zadra) in ihn ist aber sichtlich erschüttert.

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Letzten Endes ging alles noch gut aus für Markus Wallner (ÖVP): "Herr Landeshauptmann, ich gratuliere Dir", schloss Landtagspräsident Harald Sonderegger am Mittwochmittag die Abstimmung über ein von der Opposition eingebrachtes Misstrauensvotum. 25 Abgeordnete – alle ÖVP-Mandatare und ein ehemaliger SPÖ-Mann – stimmten dagegen, und auch die Grünen hielten Wallner noch einmal die Treue.

Kritik an unbekannter Kritik aus "Innerösterreich"

Doch was heißt schon gut – denn Wallner sieht sich nicht nur persönlich mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert, die er abermals zurückwies – die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat bekanntlich Ermittlungen aufgenommen. Es werde auch "mit großer Lust auf der innerösterreichischen Ebene" auf Vorarlberg hingehauen. Das ärgere und störe ihn nicht nur, sagte Wallner. Das sei nicht angebracht: "Wir müssen uns von niemandem von außen – auch nicht von Wien aus – sagen lassen, wie es um dieses Land steht." Ein ganzes Bundesland werde per se "in den Dreck gezogen".

Welche Kritik Wallner damit meint, blieb offen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stärkte dem Landeschef Montagfrüh jedenfalls den Rücken. Ermittlungen würden nicht bedeuten, dass jemand schuldig sei. Und er habe keinen Grund, an Wallners Aussagen zu zweifeln. Das gelte auch für den Tausch beziehungsweise das Zurücksetzen von Wallners Handy, das er just an dem Tag forderte, an dem bekannt wurde, dass Wallner im Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft steht. Wallner sprach von einem schon länger ausgemachten Tausch.

Opposition forderte selbstständigen Rücktritt Wallners

Im Landtag sahen das die Abgeordneten der Opposition naturgemäß anders als Nehammer. Die Ausreden von Wallner würden "immer lächerlicher", sagte Christof Bitschi, FPÖ-Klubobmann. Es sei bezeichnend, dass es überhaupt noch einen Misstrauensantrag brauche – Wallner müsse eigentlich von sich aus zurücktreten.

Das forderten auch die Klubobfrauen der beiden anderen Oppositionsparteien. "Markus, es ist vorbei", sagte Manuela Auer (SPÖ). Und Sabine Scheffknecht (Neos) kritisierte, dass sich – mit Ausnahme der Gesundheitslandesrätin, die nichts mit der Sache zu tun habe – noch niemand für die Vorkommnisse im Wirtschaftsbund entschuldigt habe und es keinerlei Anzeichen für Fehlereingeständnisse gebe.

Vergeblicher Appell an die Grünen

Einig waren sich die Oppositionellen auch in ihrer Bewertung der Situation der Grünen: Der Regierungspartner sei in keiner leichten Position, und man sehe auch ihre Argumente, um mit Wallner weiterzumachen. Aber ab einem gewissen Punkt gehe das nicht mehr. "Sie können heute entscheiden, ob Sie zu Ihren Werten stehen", sagte etwa Scheffknecht.

Die Werte der Grünen, das waren bei der Abstimmung am Mittwoch Stabilität und der Wunsch nach Aufklärung. Zumindest gingen die Wortmeldungen von Klubchefin Eva Hammerer und Landesrat Daniel Zadra – andere Grüne sprachen nicht – in diese Richtung. Es gehe um mehr als um Wallner, sagte Hammerer. Es brauche einen Untersuchungsausschuss und auch das geplante, strengere Parteienfinanzierungsgesetz. "Die Misere hat allein die ÖVP zu verantworten." Es liege deswegen in deren Verantwortung, ob sie Wallner weiterhin als Landeshauptmann stützen wolle. Und natürlich bei Wallner selbst. Er könne zurücktreten "oder auf dem heißen Stuhl sitzen bleiben".

Zweifel an ihrem Landeshauptmann haben die ÖVP-Abgeordneten allerdings noch nicht. Im Gegenteil. In ihren Redebeiträgen wurde nicht nur betont, dass Wallner das Land ja seit zehn Jahren tadellos führe und eine großartige Persönlichkeit habe. Sondern auch, dass anonyme Anschuldigungen keine Basis für einen Misstrauensantrag sein könnten. ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück nannte das den "absoluten Tiefpunkt in der politischen Kultur Vorarlbergs".

Breite Medienkritik der ÖVP, Lob der Opposition

Auch die Medien, immerhin würden sie die Vorwürfe tagtäglich wiederholen, würden zu der Vorverurteilung Wallners beitragen, waren sich mehrere ÖVP-Mandatare sicher. Aber auch der ehemalige SPÖ-Mann Thomas Hopfner – er stimmte wie zuvor schon angekündigt ebenfalls gegen den Misstrauensantrag – stimmte in den Kanon ein. Vor allem in sozialen Medien passiere "fundamentalistische Meinungsmache", die vierte Macht im Staat werde zur ersten Macht.

Die Opposition kritisierte die Medienkritik wiederum scharf. Die ÖVP suche die Schuld immer nur bei den anderen, sagte SPÖ-Klubchefin Manuela Auer, die sich "ausdrücklich" bei den Medien bedankte. "Ohne das beharrliche Draufbleiben der Medien wäre es nicht möglich gewesen, dass wir so weit sind, dass die Wirtschaftsbund-Zeitung eingestellt wird und Inseratengeschäfte abgestellt werden."

Wallners moralischer Kompass

Wallner sagte den Behörden vollste Kooperation zu. Seine Tür sei offen, alle Daten verfügbar. Für sein Amtsverständnis gehe es letzten Endes aber um mehr als um die Frage, was rechtlich in Ordnung sei. "Es geht auch darum, wie weit etwas moralisch vertretbar ist." Deswegen habe er klargemacht, dass die Vorgänge im Wirtschaftsbund aufgearbeitet und abgestellt werden. (Lara Hagen, 11.5.2022)