Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien bestätigte dem STANDARD am Donnerstag den Eingang einer weiteren Anzeige.

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Rund um den Missbrauchsverdacht gegen einen Pädagogen in einem Wiener Kindergarten gibt es einen vierten Fall. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien bestätigte dem STANDARD am Donnerstag den Eingang einer weiteren Anzeige. In drei Fällen prüft die Behörde bereits den Vorwurf des (teils schweren) sexuellen Missbrauchs von Unmündigen.

Die erste Anzeige wurde schon vor rund einem Jahr eingereicht. Der Verdacht von Eltern eines Mädchens: Ein Pädagoge könnte das Kindergartenkind beim Wickeln übergriffig berührt haben. Die Kindergartenleitung meldete den Verdachtsfall, die Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Der Pädagoge wurde vom Dienst mit den Kindern abgezogen. Weitere Eltern wurden beim Aufkommend des Verdachtsfalls vor 13 Monaten durch die Magistratsabteilung 10 (Kindergärten) aber nicht informiert.

Diese erfuhren erst vergangene Woche über einen Info-Abend eines Vereins von der Causa. Diesen Verein, der auf das Thema sexuelle Gewalt spezialisiert ist, hatte die MA 11 im Gespräch mit den betroffenen Eltern im Vorjahr beigezogen. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom März 2021 folgten dann weitere Anzeigen von drei Eltern.

Erstes Gutachten eingelangt

Im ersten Fall wurde von der Staatsanwaltschaft bereits vor rund einem Jahr ein Gutachten beauftragt. Vor zwei Tagen lag dieses noch nicht vor. Dieses ist "mittlerweile eingelangt", sagte Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, dem STANDARD. In den weiteren drei Fällen wurden Sachverständige bestellt, die nun ebenfalls Befragungen durchführen werden. Diese Gutachten sollen in einigen Monaten vorliegen.

Die Vorwürfe untersucht neben der Staatsanwaltschaft auch eine Kommission im Auftrag der Stadt Wien. Dieser gehören Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs sowie jeweils ein Vertreter des Kinderschutzzentrums Möwe und der Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) an. Am Mittwoch fand die erste Sitzung statt, bis Anfang Juli soll es einen Bericht geben. Eines der Ziele ist, den Ablaufprozess vom ersten Verdachtsfall weg zu prüfen. Ein weiteres Ziel ist, aufzuzeigen, "wo Behörden etwas besser machen können", wie es Nik Nafs formulierte.

Rechtsanwalt Johannes Bügler – er vertritt fünf Eltern, die ihre Kinder im betroffenen Kindergarten haben – äußerte Zweifel an der Unabhängigkeit des Gremiums. Er forderte, dass auch Eltern in der Kommission vertreten sein sollten, etwa durch eine Vertrauensperson. Für Donnerstagabend ist ein Elternabend geplant: Laut dem Büro des zuständigen Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr von den Neos wurden alle rund 100 Eltern des betroffenen Standorts eingeladen. (David Krutzler, 19.5.2022)