Dieses rituelle Speisegefäß aus der Shang Dynastie (12. Jhd. v. Chr.) aus der Sammlung Julius Eberhardt stahl der nun verurteilte Speditionskaufmann Ende 2012, Anfang 2013. Nach der Sicherstellung im April 2021 wurde es im Auftrag von Eberhardts Privatstiftung bei Sotheby’s in Hongkong für umgerechnet rund 640.000 Euro versteigert.

Foto: Sotheby's

Vergangene Woche wurde ein Speditionskaufmann am Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen schweren Diebstahls zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt. Zwischen Ende 2012 und März 2013 hatte er mehr als 30 Kunstgegenstände gestohlen: aus einem Lager, das er zuvor an die Firma Kunsttrans vermietet hatte.

Zum Diebesgut gehörten Holzskulpturen, Grafiken von Egon Schiele und Zeichnungen von Gustav Klimt aus dem Bestand des Dom-Museums der Erzdiözese Wien; und auch chinesische Bronzen aus der Sammlung des Bauindustriellen Julius Eberhardt, die nach dessen Tod 2012 in den Besitz seiner JE-Familien-Privatstiftung übergegangen war.

Wert mehr als 1,3 Millionen Euro

Wie berichtet ("Schwund im Kunstdepot", 24. 12. 2021), stellte das Landeskriminalamt das Diebesgut im Wert von rund 1,3 Millionen Euro vergangenes Jahr bei mehreren Hausdurchsuchungen sicher. Dass man dem unbescholtenen Familienvater nach so langer Zeit überhaupt auf die Schliche kam, hat er selbst zu verantworten.

Ob er seine Tat verjährt wähnte, muss eine Mutmaßung bleiben. Jedenfalls plante er den Verkauf der wertvollen, teils in das 12. Jahrhundert vor Christus datierten chinesischen Bronzen. Die passende Fachliteratur, den von Eberhardt Ende der 1990er-Jahre herausgegebenen Katalog, hatte er 2017 gekauft, wie die Ermittler über die Kreditkartenabrechnung herausfanden.

Anfrage unter falschem Namen

Vergangenes Frühjahr trat der 45-Jährige an Sotheby’s heran, wo man ihm eine übliche Due-Diligence-Prüfung zur Herkunft in Aussicht stellte, sollte man die Objekte zur Versteigerung übernehmen. Der Speditionskaufmann wurde wohl hellhörig und kontaktierte von sich aus im April 2021 das Art Loss Register, das die weltweit größte Datenbank für in Verlust geratene Kunstgegenstände betreibt.

Unter falschem Namen beantragte er eine Überprüfung, bezahlte diese jedoch mit seiner eigenen Kreditkarte. Der betreffende Gegenstand war tatsächlich als gestohlen registriert, und das Unternehmen informierte die österreichischen Behörden.

Weitere Zivilverfahren drohen

Die Ermittlungen gestalteten sich anfänglich schwierig, da Kunsttrans unter Verweis auf die Diskretionsverpflichtung gegenüber seinen Kunden nur bedingt kooperierte. Der heimische Kunst- und Ausstellungslogistiker bietet bekanntlich auch Depots zur Lagerung von Kunstwerken. Bei der im August 2012 auf dem Gelände der Spedition Kühne & Nagel für einige Monate angemieteten Lagerhalle "mit einer Brandschutztür" sei "im Oktober 2012 eine Alarmanlage installiert worden", wie der Täter vor Gericht erläuterte.

Den Sicherheitscode habe er für den Fall eines Feueralarms bekommen, und er habe somit ungehinderten Zugang gehabt. Kunsttrans wollte sich auf STANDARD-Anfrage nicht dazu äußern, da das Verhandlungsprotokoll noch nicht vorliege. Nur so viel, "die Ausstattung dieses Lagers" habe "unseren Standards" entsprochen.

Den verurteilten Speditionskaufmann könnten noch einige Zivilverfahren erwarten. Denn Anwältinnen und Anwälte der involvierten Versicherungen der Betroffenen haben Schadensersatzansprüche, etwa auch für Gutachten von Sachverständigen, sowie Verfahrens- und Restaurierungskosten in einer Gesamthöhe von mehr als einer Million Euro deponiert. (Olga Kronsteiner, 21.5.2022)