Das endende Frühjahr materialisiert sich in leichten Kleidern, die um Knöchel und Knie schwingen, aufgescheuerten Oberschenkeln und weißen Herrensocken in braunen Sandalen.

Mit hausgemachten Gnocchi in Venedig kann man glücklich sein.
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Es sei denn, man lebt in Italien, wandert bis ins hohe Alter in strahlenden Farben und eleganten Schnitten würdevoll über die Calle dahin. Und wenn man in Venedig ist, kann man mit Fug und Recht glücklich sein. Bei hausgemachten Gnocchi mit Spinnenkrabbensauce. Beim besten Cappuccino der Welt in der Pasticceria Dal Mas. Und wenn der Lagunenbesuch mit der Biennale zusammenfällt. Panem et circenses, ja, hat was. Aber die Milch der Träume kann noch mehr! Das Motto 2022 als Trost der kunstvollen Dinge – man kann sich damit abfüllen, darin baden und tauchen, bis nur noch ein Gurgeln an die Oberfläche dringt. Oder in zarten vorsichtigen Schlückchen ein wenig von der Erkenntnis kosten.

Wenn die Zeit nur reichen würde

Im koreanischen Pavillon wartet ein tentakeliger Geist in der Maschine. Im polnischen Pavillon breitet sich die Geschichte der Romnja aus – in einem farbenprächtigen, in jedem Sinne vielschichtigen Wandteppichwerk, das Zuschreibung und zeitgenössische Eigendefinition umspannt. Ach, man könnte so viel erzählen, vom geschlossenen russischen, vom geöffneten französischen Pavillon. Mit der Biennale und der Zeit verhält es sich aber leider wie mit den Krautfleckerln der Tante Jolesch: Es ist nie genug da, um übersatt zu werden. (Julya Rabinowich, 29.5.2022)