Behutsam zwischen Mozart und Schumann, Mitsuko Uchida.

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Wien – Sie ist eine zauberhafte Erscheinung. Da ist dieses von einem sanften Schmerz durchwirkte Lächeln, wie es bei kultivierten Japanerinnen von der Kaiserin abwärts oft zu bemerken ist. Und erst Mitsuko Uchidas Klavierspiel! Behutsam, umsichtig, versonnen gab die 73-Jährige – seit fast sechs Jahrzehnten tritt Uchida nun schon im Musikverein auf! – am Sonntag weite Teile von Mozarts c-Moll Fantasie KV 475.

Musizieren als aufmerksame Tonpflege und als Liebesdienst, von Wärme und steter Kantabilität getragen. Im Kopfsatz der B-Dur Sonate KV 570 geriet die Vitalität vielleicht etwas zu schaumgebremst, blieb die Heiterkeit eine sorgsam eingehegte. Seniorenstift-Mozart? Man zweifelt kurz, ob der Komponist mit dem überschäumenden Naturell diese Selbstbeschränkungen goutiert hätte. Uchida interpretierte den Entertainer Mozart mit humoristischer Ernsthaftigkeit, eine Schwester Alfred Brendels im Interpretationssinne.

Moderne zwischendurch

Schlichtweg wundervoll die ausgewählten Stücke aus György Kurtágs Játékok (Spiele), die Uchida vor, zwischen und nach den beiden Mozarts spielte. In der reichen Traditionslinie der klavierpädagogischen Literatur Ungarns von Bartók, Kodály, Takács stehend, hat sich der mittlerweile 96-jährige Komponist im Lauf der zehn Játékók-Bände freigeschrieben und mehr und mehr tagebuchartige Miniaturen, Aphorismen, Zauberbilder verfasst.

Beeindruckend, reich und farbensatt schließlich Uchidas Darbietung von Schumanns Davidsbündlertänzen nach der Pause: Trotz der satten, kraftstrotzenden Florestan-Teile fesselten die introvertierten, innigen Eusebius-Welten im letzten Viertel des Werks noch mehr. Der Applaus im Großen Musikvereinssaal war geruhsam, wohltuend und warm: eine stimmige Resonanz auf Mitsuko Uchidas wundervolles Klavierspiel. (Stefan Ender,30.6.2022)