Wohin man in den Tourismusgemeinden schaut: Chalets wachsen wie die Schwammerln aus dem Boden. Die Baustelle im Bild aus dem Pongauer Forstau ist inzwischen fertiggestellt.

Foto: Franz Neumayr / Picturedesk

In Weyregg am Attersee hat der Gemeinderat den Bau von rund 40 Luxus-Chalets vor wenigen Wochen gerade noch verhindern können, in Neumarkt am Wallersee wehren sich die Anrainer seit Monaten gegen die Verbauung der Wallersee-Ostbucht mit einem Hotel.

Zwei Beispiele von vielen. "Steigender Druck auf den Wohnungsmarkt, zunehmende Bodenknappheit, illegale Freizeitwohnsitze, zunehmender Verlust landwirtschaftlicher Flächen durch Verbauung oder Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit", lautet auch die Diagnose von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Das gilt naturgemäß besonders für die Tourismusregionen.

In Tirol versucht die schwarz-grüne Landesregierung, mit einer vergangenen Herbst beschlossenen Novelle des Grundverkehrsgesetzes gegenzusteuern. Kernpunkt darin sind vor allem die Ausweisung von "Vorbehaltsgemeinden" mit Freizeitwohnsitzverbot sowie strengere Regeln beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen. Theoretisch wäre bei Verstößen sogar eine Zwangsversteigerung des betreffenden Objekts möglich.

Hotspot Pinzgau

Absoluter Hotspot im Ringen um die letzten noch verbliebenen Hektar ist aktuell das Land Salzburg und hier vor allem der Pinzgau. Die Situation ist hier in den vergangenen Jahren derart eskaliert, dass sogar die stets um Zurückhaltung bemühte Journalredaktion von Ö1 für ein diesen Dienstag ausgestrahltes Journal-Panorama den Titel Bauernland in Spekulantenhand gewählt hat.

Wie vom STANDARD berichtet, hat der Salzburger Landesrechnungshof die Grundstücksdeals im politischen Bezirk Zell am See (Pinzgau) unter die Lupe genommen. Das Ergebnis war desaströs. Kurz gefasst: Die für die Bewilligung von Grundstücksgeschäften zuständige Grundverkehrskommission hätte das Gebot der Rechtsstaatlichkeit "weitgehend missachtet". Und die Aufsichtsbehörde Land Salzburg habe das Treiben ohne Prüfung geschehen lassen. So gelangten große Flächen in den Besitz von Tourismusgesellschaften oder ausländischer Großindustrieller.

Neues Gesetz

Der für die Prüfung der Vorgänge eigentlich ressortverantwortliche Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) hat nun die Flucht nach vorn angetreten. Vergangene Woche ist von der Landesregierung ein neues Grundverkehrsgesetz in die vierwöchige Begutachtung geschickt worden.

Neu sei ein verbindliches Bewirtschaftungskonzept über 15 Jahre beim Erwerb von Landwirtschaftsflächen. Und werde ein Eigentum als Wohnung, Haus oder bebaute Liegenschaft erworben, müsse dort ein Hauptwohnsitz begründet werden. "Das Investieren in Betongold und spekulativer Leerstand werden damit wirkungsvoll verhindert", verspricht Schwaiger.

Mitteilung an WKStA

Mit der Debatte um Grund und Boden hat Salzburg jedenfalls das erste "harte" Thema im Wahlkampf für die Landtagswahlen kommendes Frühjahr. Geht es nämlich nach der Vorstellung der oppositionellen SPÖ, soll das brisante Thema auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschäftigen. Die SPÖ hat vergangene Woche eine Sachverhaltsdarstellung an die WKStA verfasst, aus der hervorgeht, dass von den zwischen 2013 bis 2020 im Pinzgau entschiedenen 1478 Grundverkäufen 409 oder 28 Prozent an Nichtlandwirte gingen, wobei viele davon gleich mehrmals zugegriffen hätten.

"Es dürfte sich hier um strategische Investoren handeln, die entsprechende Unterstützung von der Grundverkehrskommission bekommen haben, sonst wäre es gar nicht möglich, dass sich teils deutsche oder schweizerische Bauunternehmer, Automobilhändler, Juristen, Touristiker bis hin zu einer Wiener Stiftung einkaufen konnten", zitiert die APA SPÖ-Agrarsprecherin Karin Dollinger. (Thomas Neuhold, 31.5.2022)