EVP-Präsident Manfred Weber will es noch mal wissen.

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Manfred Weber hätte Mitte Jänner Präsident des Europäischen Parlaments werden können. Dieses Amt, protokollarisch eines der höchsten in Europa, mag für manchen EU-Abgeordneten der Höhepunkt des Politikerlebens sein, besonders für einen, der wie Weber seit 2004 ohne Unterbrechung Mandatar in Straßburg und Brüssel ist. Aber der CSU-Mann aus Niederhatzkofen in Bayern, dem die Nachfolge des aus Italien stammenden Sozialdemokraten David Sassoli in einem Drei-Parteien-Deal mit den Liberalen fix versprochen worden war, lehnte ab.

Weber trat für Roberta Metsola aus Malta aus "seiner" Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zur Seite, blieb Fraktionschef. Viele in der EVP wunderten sich damals über Webers Verzicht. Fünf Monate später wurde beim Parteitag der EVP, die der Dachverband von fast 50 christdemokratischen Parteien aus Europa ist, am Dienstag auch offiziell klar, was ihn dazu antrieb. Als einziger Kandidat für die Nachfolge des nach Polen zurückgekehrten Donald Tusk wurde er zum neuen Präsidenten der EVP gewählt. Weber erhielt 447 der 515 abgegebenen Stimmen.

Großes Ziel für nächste Wahl

Das Amt ist weniger prestigeträchtig als das des Präsidenten im EU-Parlament. Aber als Chef der Christdemokraten Europas mischt er im Zusammenspiel mit den Partei- und Regierungschefs in den Staaten sehr aktiv in praktisch allen Bereichen der europäischen Politik mächtig mit, auch beim Personal. Fraktionschef in Straßburg werde er bleiben, betonte Weber in Rotterdam. Eines seiner wichtigsten Ziele bis zur nächsten Europawahl im Jahr 2024 ist es, dafür sorgen, dass die Christdemokraten weiter die stärkste politische Kraft in der EU bleiben. Und dass das Modell, wonach der Spitzenkandidat der siegreichen Parteienfamilie bei EU-Wahlen auch Chef der Europäischen Kommission wird, damit demokratisch stärker legitimiert wird.

Das hat auch damit zu tun, dass Weber eine bittere persönliche Niederlage von 2019 egalisieren will. Damals war er EVP-Spitzenkandidat, die bei den Wahlen auf Platz eins kam. Aber Frankreichs liberaler Präsident Emmanuel Macron verhinderte Weber im Bund mit den Sozialdemokraten auf Ebene der Regierungschefs, hievte Ursula von der Leyen an die Spitze der Kommission.

Ob Weber selbst wieder antritt? Er lässt das offen. Zunächst will er dafür sorgen, dass "seine" kriselnde EVP in vielen EU-Ländern, wo sie aus Regierungen flogen, wieder an Boden gewinnt. Für die eigene Karriere hat er Zeit. Weber ist erst 49 Jahre alt. (Thomas Mayer, 31.5.2022)