Für Nicolas Seiwald (l.) ist die Fußballwelt weit offen.

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Seiwald ist seinen Gegnern immer auf den Fersen.

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Nicolas Seiwald ist ein Musterschüler. Der 21-Jährige hat alle Vorgaben von Red Bull Salzburg übererfüllt. 2015 wurde er in die Akademie aufgenommen, 2019 erhielt er im Farmteam Liefering den Feinschliff. Ein Jahr später wurde er in den Kader des Serienmeisters beordert, am 21. November 2020 debütierte er in der Bundesliga. Der zentrale Mittelfeldspieler aus Kuchl, der den Ball vornehmlich mit dem rechten Fuß streichelt, gehörte sofort der Startelf an. Für Österreich hat er sämtliche Auswahlmannschaften durchlaufen, von der U15 aufwärts. Im großen Nationalteam ging es am 12. November 2021 los, Franco Foda hat nicht alles schlecht gemacht. Seiwald begann mit einem 4:2-Sieg gegen Israel.

Nun hält er bei fünf Einsätzen. Nach dem überaus unglücklichen 1:2 gegen Dänemark schwärmte Teamchef Ralf Rangnick: "Er wird eine internationale Karriere machen. Wenn Scouts hier waren, haben sie gesehen, dass er für sein Alter ein außergewöhnlicher Spieler ist." Es waren Scouts da. Sehr viele sogar.

Seiwalds Stärken

Der 24-jährige Max Wöber, Kollege bei Salzburg und im Team, schätzt an Seiwald eigentlich alles. "Er ist extrem abgeklärt, extrem ruhig am Ball. Er zählt immer zu den Besten, auch wenn die Mannschaftsleistung schwach war." Seiwald lehnt das Lob natürlich nicht ab. "Ich weiß, dass ich Potenzial habe, und das will ich zu 100 Prozent ausschöpfen." Logischerweise hat er Ziele und Träume, mit einer großartigen Lebensphilosophie, einem legendären Leitsatz kann der Modellathlet (1,80 m groß, 70 Kilogramm schwer) nicht dienen: "Gib alles".

Sein Vertrag in Salzburg endet 2024, der aktuelle Marktwert wird auf 20 Millionen Euro geschätzt. "Ich lasse die Dinge auf mich zukommen. Natürlich sind England und Deutschland reizvoll."

Am Freitag wird es speziell, mehr als reizvoll. Weltmeister Frankreich gastiert im Happel-Stadion. Sofern das Flutlicht brennt und sich keine weiteren Löcher im Rasen auftun. Seiwald sagt: "Die Vorfreude ist groß. Gegen Benzema und Mbappe zu spielen ist einfach ein Traum. Viel geilere Spiele gibt es gar nicht." Er spüre nur eine Anspannung, habe Respekt, aber keine Angst vor den Franzosen. "Eine gesunde Nervosität, die gehört dazu, denn mit ein bisschen Druck spielt man besser."

Keine Müdigkeit

Seiwald lieferte auch in Osijek gegen Kroatien eine hervorragende Leistung, er bestritt die zweite Halbzeit. Er kam bei 1:0, es wurde ein 3:0.

Rangnick ist ja ein Mitbegründer der Red-Bull-Schule. Seiwald wurde und wird dort ausgebildet, also musste er sich praktisch nicht umstellen, nicht groß anpassen. "Das hat alles leichter gemacht."

Er hat in dieser Saison bereits 55 Pflichtspiele intus. "Kein Problem. Man wird gut betreut, kann regenerieren. Ich empfinde keine Müdigkeit." In den ersten beiden Partien der Nations League habe man die im Training eingeübten Mechanismen umgesetzt. "Das System Rangnick greift, man sieht bereits nach kurzer Zeit seine Handschrift."

Seiwald und Wöber sind die einzigen Feldspieler im Kader, die ihr (gutes) Geld in der heimischen Bundesliga verdienen. Wöber sagt: "Salzburg ist international." Seiwald stimmt dem zu. "Jeder weiß, was die Franzosen für eine Mannschaft beisammenhaben, gespickt mit Weltklassespielern, viel besser geht’s nicht mehr. Für uns ist es eine super Challenge, wo wir uns beweisen wollen und zeigen wollen, was wir draufhaben", sagt Wöber. Man wolle "eine gute Leistung zeigen und das Spiel auch genießen". Seiwald ergänzt: "Und wir wollen es gewinnen. Im Fußball kann jeder jeden schlagen." Es werden sehr viele Scouts da sein. (Christian Hackl, 9.6.2002)