In der Auslage dieser Parfümerie kam der Wagen zu stehen.

Foto: Reuters / Fabrizio Bensch

Berlin – In der Berliner City West liegen gegenüber der Gedächtniskirche Blumen auf dem Boden, auch Kerzen sehen dabei. Nur knapp daneben sind noch die gelben Kreise, die Spurensicherer gezogen haben, zu sehen.

Und auch ein paar Meter weiter östlich, am Tauentzien, sind am Donnerstag noch die Spuren dessen zu erkennen, was Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) "einen dunklen Tag der Berliner Stadtgeschichte" nennt. In der Parfümerie Douglas müssen Scheiben ausgetauscht werden, sie ist geschlossen.

Dort endete am Mittwoch die Amokfahrt eines Autofahrers, die in der deutschen Hauptstadt für Entsetzten sorgt. Der Fahrer – ein 29 Jahre alter in Berlin lebender Deutsch-Armenier – raste mit einem Pkw auf dem Breitscheidplatz in eine Gruppe von Personen und erfasste Mitglieder einer Schulgruppe aus Hessen, die auf Berlin-Besuch war. Eine Lehrerin wurde getötet.

Eine Tote, 29 Verletzte

Laut der Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gibt es 29 Verletzte, davon 14 Schülerinnen und Schüler aus Hessen, von denen derzeit sieben stationär im Krankenhaus behandelt würden. Auch ein Lehrer der Klasse liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Daneben gebe es 14 weitere zum Teil lebensbedrohlich verletzte Personen.

Zunächst hatte die Berliner Polizei ein Attentat nicht ausgeschlossen. Giffey erklärte am Donnerstag, "dass es sich um die Amoktat eines psychisch schwer beeinträchtigten Menschen handelt". Bei der Polizei hieß es, "dass es sich um eine Vorsatztat eines mutmaßlich psychisch erkrankten Mannes handeln könnte". Der Fahrer wurde verhaftet und kam verletzt in ein Krankenhaus.

Innensenatorin Spranger teilte mit, dass er bei der Polizei aktenkundig sei. Es habe bereits Ermittlungen wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung gegeben. Hinweise auf politische und extremistische Taten seien nicht bekannt.

Kein Bekennerschreiben

"Auch im Zusammenhang mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen ist der Tatverdächtige bisher nicht aufgefallen", so Spranger. Ein Bekennerschreiben liegt nicht vor.

In Berlin hat das Ereignis Erinnerungen an das Attentat auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz neben der Gedächtniskirche wachgerufen. Am 19. Dezember 2016 raste der islamistische Terrorist Anis Amri mit einem Lkw in die Menschenmenge. Dabei wurden 13 Frauen und Männer getötet, 67 zum Teil schwer verletzt. Der Täter flüchtete zunächst und wurde am 23. Dezember bei einer Routinekontrolle in Italien von einem Polizisten in Notwehr erschossen.

Seit dem Attentat schützen schwere Poller den Breitscheidplatz. Bürgermeisterin Giffey betonte, man prüfe zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. Zur Wahrheit gehöre aber auch, "dass wir nicht die ganze Stadt abpollern können und auch nicht den ganzen Ku’damm". (bau, 9.6.2022)