Tirols Landeshauptmann Platter verkündete am Montag seinen Rücktritt.

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"Die vergangenen Monate haben mich auch nachdenklich gemacht", sagte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei seiner Rücktrittspressekonferenz am Montag. Und sprach über die großen Herausforderungen, die die Politik in den vergangenen, von der Pandemie geprägten Jahren geprägt hätten. Darunter auch zunehmende Anfeindungen und Bedrohungen. "Nicht nur, aber auch deshalb" habe er zuletzt viel nachgedacht und sei zu dem Schluss gekommen: "Es ist einmal genug."

Inwieweit die vorgebrachten Begründungen den wahren Hintergründen von Politikerrücktritten entsprechen – und wie viel andere Motivation, die man kaum vor TV-Kameras offenlegen würde, womöglich hineinspielt –, lässt sich für die Öffentlichkeit nie zweifelsfrei feststellen.

Im Fall Platters wären einige nicht ausgesprochene Hintergründe aber zumindest naheliegend. Der wichtigste: die etlichen Ermittlungsstränge und Verdachtsfälle gegen die ÖVP im Zusammenhang mit Parteienfinanzierung, Spenden und Korruptionsvorwürfen. Erst am Freitag wurden sie mit der Causa ÖVP-Wahlkampfkosten, mit deren Prüfung der Rechnungshof erstmals einen externen Prüfer beauftragt, massiv verschärft.

Und wie auch immer die Verfahren zu den einzelnen Tangenten letztlich ausgehen: Wenn in einer Diskussionssendung wie "Im Zentrum" keine einzige ÖVP-Vertreterin auftreten will und die Partei stattdessen ihren Anwalt ins Fernsehstudio entsendet, weiß man: Die Partei hat wirklich schon stabilere Zeiten erlebt. Diese Tatsache bildet sich auch in Meinungsumfragen ab, wo die Volkspartei im Lauf der vergangenen Monate praktisch überall massiv abgestürzt ist.

Klar ist: Vor diesen großteils bundespolitischen Hintergründen scheint für Platter bei der kommenden Landtagswahl ein Traumergebnis wie 2018 (44,3 Prozent) völlig außer Reichweite. Hinzu kommen Nachwirkungen der schweren Versäumnisse des Landes Tirol im bisherigen Corona-Management – und die Erkenntnis, dass die Pandemie inklusive aller unpopulären Maßnahmen, die sie erfordert, keineswegs beendet ist. Im Gegenteil: Eine weitere Infektionswelle dürfte noch in der warmen Jahreszeit bevorstehen – und damit früher als in den vergangenen beiden Jahren. Sie dürfte auch früher oder später zu neuen gesellschaftlichen Verwerfungen führen – in Kombination mit der vom Ukraine-Krieg befeuerten Inflation erst recht.

In Summe sind das durchaus nachvollziehbare Gründe für einen Politiker, zu dem persönlichen Schluss zu kommen: Das will ich mir nicht mehr antun. Der 68-jährige Platter überlässt damit die kommenden Herausforderungen im Pandemiemanagement und die landespolitischen Auswirkungen alter und möglicher neuer ÖVP-Skandale seinem Nachfolger Anton Mattle. Dieser wird die Wahlergebnisse seines Vorgängers vorerst wohl nur schwer erreichen. (Martin Tschiderer, 13.6.2022)