Buzz Lightyear begegnet seinem Kinopublikum diesmal nicht als Actionfigur, sondern als Mensch aus Fleisch und Blut – beziehungsweise animierten Pixeln.

Foto: Disney/Pixar

Es war einmal eine kleine Abteilung in George Lucas’ Produktionsstudio Lucasfilm, die im stillen Kämmerchen aus Analogwolle goldschimmernde Spezialeffekte für Blockbuster spann. Doch Lucasfilm wollte die kostspielige Abteilung auslagern und sah sich nach würdigen Bewerbern um. Zu den verheißungsvollsten Kandidaten zählten das uramerikanische Diesel-Schwergewicht "Mr." General Motors und der schnittige, doch etwas charakterlose niederländische Tech-Adelige Philips. Die kleine Spezialeffekteabteilung bangte schon um ihren großen Traum, den allerersten computeranimierten Spielfilm zu produzieren, da trat im letzten Moment ein dritter Kandidat auf den Plan: Ein strahlender Ritter in Apple-Weiß stach alle anderen Bewerber aus. Niemand anderes als Steve Jobs eroberte die kleine Abteilung und nahm sie mit auf eine Erfolgswelle, die 1991 mit einem Millionendeal mit Disney begann.

Klingelnde Kassen

Das erste Resultat des Deals zwischen Disney und dem mittlerweile in Pixar umbenannten Studio war Toy Story. Der Streifen schrieb als erster computeranimierter Langspielfilm Geschichte und erntete außerdem Lorbeeren bei Kritik und Preisverleihungen. Dazu kam, dass John Lasseters Langfilmdebüt der erfolgreichste Film 1995 war und die Kino- und Franchisekassen zum Klingeln brachte. Strahlender hätte die Morgendämmerung des digitalen Animationsfilms nicht sein können.

Toy Story entführte in die Welt der Spielzeuge und zeigte, dass auch diese von Geltungsbedürfnis und der Angst, ausrangiert zu werden, getrieben sind: Ein Cowboy namens Sheriff Woody trifft auf den Actionhelden Buzz Lightyear, und ein Kampf um den Status der Lieblingsspielfigur des kleinen Burschen Andy beginnt. Doch ist Buzz Lightyear keine gewöhnliche Actionfigur, er entspringt bereits einem Franchise-Universum: Andy aus Toy Story hat einen Film gesehen, in dem Buzz Lightyear die Hauptrolle spielt, erfahren wir. Diesen Film sehen wir jetzt: Vorhang auf für Lightyear.

Buzz Lightyear ist nun Mensch und Astronaut, nicht länger Spielzeug. Gemeinsam mit seiner Kollegin Alisha Hawthorne – die zum Unmut der Arabischen Emirate lesbisch ist, weswegen jene den Film bereits verboten haben – erkundet er neue Planeten. Buzz macht aber einen Fehler, und sie stranden auf einem unwirtlichen. Doch wenn Menschen eine Fähigkeit haben, dann die, es sich auf ungemütlichen Planeten gemütlich zu machen, indem sie deren Rohstoffe abbauen.

Pixar

Buzz möchte seinen Fehler ausbügeln und versucht, mithilfe eines neuartigen Antriebs Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, um mit seiner Besatzung wieder zurück zur Erde zu gelangen. Die zahlreichen Testflüge dauern für Buzz vier Minuten, für die Kollegen auf der planetaren Station vergehen aber Jahre, und so werden alle bis auf Buzz älter, gründen Familien und sterben, ohne dass Buzz seine Mission erfüllt.

Kooperation gefragt

Die Rückkehr auf die Erde gelingt ihm nicht, die Lichtgeschwindigkeit schon. Zudem trifft Buzz auf Alishas Enkelin Izzy und weitere Außenseiter, die sich ganz neuen Gefahren und Technologien stellen müssen. Buzz muss dagegen eines lernen: davon, alles im Alleingang schaffen zu wollen, abzulassen. Und er muss anfangen, mit anderen zusammenzuarbeiten – auch wenn die sich dämlich anstellen. Die Stimme von Buzz, bis Toy Story 4 von Tim Allen gesprochen, stammt auf Englisch nun von Chris Evans alias Captain America – eine naheliegende Wahl für einen US-Helden mit stählernem Kiefer.

Trotz der netten Moral ist Lightyear unter der Regie von Angus MacLane einige Lichtjahre davon entfernt, Filmgeschichte zu schreiben. Dafür wirkt die Geschichte zu generisch und die Animation zu wenig überraschend. (Valerie Dirk, 14.6.2022)