Ralf Rangnick zieht ein positives Fazit nach seinem ersten Lehrgang als ÖFB-Teamchef. Er schaffte in vier Partien immerhin vier Punkte.

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Kopenhagen – Ende schlecht, fast alles gut. Österreichs Nationalteam hat die Tortur namens Nations League am Montag in Kopenhagen abgeschlossen. Die vierte Partie innerhalb von elf Tagen bescherte ein 0:2 gegen Dänemark, selten noch in der Geschichte des Fußballs ist eine Niederlage gerechter gewesen. Teamchef Ralf Rangnick akzeptierte das nicht einmal zähneknirschend. "Geht absolut in Ordnung. Wir hatten vor allem im taktischen Bereich Probleme, sind oft zu spät gekommen. Wir hatten keine Erfolgserlebnisse. Gegen einen solchen Gegner steckt der Teufel im Detail, und da haben die Dinge nicht so funktioniert wie zuvor. Im eigenen Ballbesitz waren wir unsauber."

Zuvor waren: ein 3:0 in Kroatien, ein von der Leistung her beachtliches 1:2 in Wien gegen Dänemark, ein 1:1 gegen Weltmeister Frankreich, ebenfalls im Happel-Stadion. Rangnick bilanzierte schlussendlich positiv. "In den ersten drei Partien haben wir unseren Gegnern richtig Probleme bereitet. Sitzt jedes kleine Detail, können wir mehr als nur mithalten." Der Deutsche hat vor, weiterhin proaktiv zu ballestern, ökonomisches Verhalten, um Kräfte zu sparen, lehnt er strikt ab. "Wir haben dreimal gesehen, was wir bewirken können. Wenn man plötzlich reaktiv wird und nicht im Vorwärtsmodus ist, kriegt man auch gegen schwächere Gegner als Frankreich, Kroatien oder Dänemark großen Probleme."

Spirit und Energie

Der neue Teamchef hat sich alles angeschaut. Die Kennenlernphase dauerte 16 Tage, in Bad Tatzmannsdorf konnte man richtig trainieren, die Ideen wurden vermittelt. Und umgesetzt. "Der Teamspirit und die Energie sind hervorragend."

Es war eine Art Vorspielen, die meisten Akteure haben Rangnick überzeugt. Vom 25-Mann-Kader haben nur zwei Spieler keine Einsatzzeit bekommen, Ersatztormann Martin Fraisl und Hannes Wolf.

Wolf ist der Verlierer des Lehrgangs. Der 23-Jährige ist noch immer kein Nationalspieler, die Null steht. In den ersten beiden Trainingseinheiten soll er wenig Bereitschaft gezeigt haben, was Rangnick irritiert hat. Es gibt eine Baustelle, die linke Seite in der Abwehr. Max Wöber könnte die Position einnehmen, in Dänemark fehlte er verletzt. Valentino Lazaro war schwach, auch die Angreifer Sasa Kalajdzic und Karim Onisiwo gaben keine Bewerbungsschreiben ab.

Der Kampf um die Linksverteidiger-Position ist eröffnet. Im Bild: Valentino Lazaro (rechts).
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Der Sturm ist im Gegensatz zum Mittelfeld (Konrad Laimer, Xaver Schlager, Nicolas Seiwald) europäisches Mittelmaß. Noch immer trägt Marko Arnautovic die Last auf den Schultern, in den Beinen. Er ist freilich 33 Jahre alt. Mit Andreas Weimann, Michael Gregoritsch, Onisiwo oder Kalajdzic gewinnt man einen schönen Blumentopf. Im Tor schaut es gut aus, Patrick Pentz und Heinz Lindner wehrten je zweimal vorzüglich ab. In der Innenverteidigung herrscht ein Überangebot, da kann die Konkurrenz Österreich fast beneiden. Der Kader wird nahezu unverändert bleiben. Es ist aber keinem verboten, in den nächsten Monaten beim Verein durchzustarten. Florian Grillitsch, Martin Hinteregger und Philip Lienhart fehlten, sie bieten sich als Alternativen an.

Rangnick wird nun eine Pause einlegen. Zuvor wird jedem Spieler ein fünfminütiges Video geschickt. "Mit Inhalten, die unsere Prinzipien betreffen." Es sind Bilder wider das Vergessen. Von 5. bis 7. August weilt Rangnick in Saalfelden, der Fußballbund hält dort ein Fortbildungsseminar ab. Sämtliche Coaches der Nachwuchsauswahlen sind anwesend. Rangnick wird sich mit ihnen ausführlich unterhalten. Gerüchte, wonach er den ÖFB total aufmischen werde, dementierte er. "Meine Aufgabe ist das A-Team."

Alles offen

Zwei Drittel der Nations League sind absolviert. Österreich ist mit vier Zählern Dritter, Frankreich nach dem 0:1 gegen Kroatien mit zwei mickrigen Punkten Letzter. Am 22. September wird in Paris gekickt, drei Tage später kommt Kroatien. Der Abstieg aus der Elite ist nicht auszuschließen. Detto der Verbleib. Also hat sich etwas bewegt. (Christian Hackl, 14.6.2022)