Das E-Rezept soll vor allem den Verwaltungsaufwand verringern.

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Mit Juli sollte die bisherige elektronische Übermittlung von Rezepten im Rahmen der E-Medikation enden und nur noch das neue E-Rezept gelten. Doch es steht eine Verschiebung im Raum, denn bei Umsetzung der eigentlichen Pläne hätten Staus in den Apotheken gedroht. Der Grund sind im wesentlichen fehlende Lesegeräte. Die Apothekerkammer warnt vor einem "Fiasko", wie Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr es formulierte.

Der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner, wies die Vorwürfe der Apothekenkammer am Donnerstag scharf zurück. Das System funktioniere.

Noch ist die Verschiebung – die Kammer fordert sie bis Jahresende – nicht fix. Doch hat die Koalition am Mittwoch im Nationalrat eine Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes eingebracht. Diese ist zwar beinahe ohne Inhalt, dient aber als so genannte "Trägerrakete", das heißt, es können bei einer politischen Verständigung vor dem Beschluss noch echte Inhalte eingebracht werden.

Rückwirkende Übergangsregelung

Dabei drängt die Zeit und es braucht eigentlich den Beschluss in einer Sondersitzung des Nationalrats oder eine rückwirkende Regelung bei einer Verabschiedung der Novelle im Juli mit Übergangsregelungen. Denn aktuelle Gesetzeslage ist, dass ab 1. Juli nur noch das E-Rezept gilt.

Das hätte, wie Mursch-Edlmayr ausführt, für die Patienten durchaus unangenehme Auswirkungen. Denn bei der E-Medikation reicht es auch, wenn man mündlich die Sozialversicherungsnummer angibt, womit beispielsweise auch Verwandte das Präparat abholen können. Diese kann eingetippt werden und der Apotheker sieht die Verschreibung des Arztes.

Mit dem E-Rezept, das an sich schon länger in der Einführungsphase ist, braucht es, wenn die Mediziner das Rezept nicht ausdrucken, was immer seltener der Fall ist, die E-Card. Diese muss dann gesteckt werden, damit die Apotheke ablesen kann, welches Präparat dem Patienten verschrieben wurde.

5.000 Geräte fehlen

An sich wäre das nicht so ein großes Problem, doch es gibt Lücken. Laut Mursch-Edlmayr fehlen 5.000 Kartenlesegeräte und die können vom Anbieter nicht vor September oder Oktober geliefert werden. Einige 100 Apotheken hätten überhaupt nur ein Lesegerät. Warteschlangen der Kunden seien absehbar. Die Präsidentin meint, dass am Rücken der Patienten "ein völliges Chaos" ausbrechen würde.

Zwar gibt es theoretisch Alternativen, auf die seitens der Sozialversicherung verwiesen wird wie eine eigene App, doch seien diese in der Bevölkerung so gut wie nicht bekannt.

Dazu gibt es laut Mursch-Edlmayr Mängel in der Umsetzung des E-Rezepts, konkret bei Suchtgift-Rezepten, die man aktuell nicht abbilden könne. Das betreffe auch schwere Schmerztabletten. Probleme in Pflegeheimen oder bei Personen in der mobilen Pflege seien vorprogrammiert. Das gleiche gelte etwa für Inhalatoren oder Infusionsgeräte.

"Panikmache" und "bewusste Falschinformation"

Lehner nannte die Vorwürfe der Apothekenkammer "Panikmache" und "bewusste Falschinformation", die Unsicherheit bei allen Beteiligten erzeuge. Das E-Rezept sei "bereits erfolgreich österreichweit eingeführt" und funktioniere. In der vergangenen Woche seien 1,2 Millionen E-Rezepte ausgestellt worden. 97 Prozent der Apotheken und 85 Prozent der Arztpraxen nutzten es bereits, so Lehner: "Wir befinden uns damit aktuell in der finalen Phase des mehrmonatigen Rollout-Prozesses."

Papierrezept ersetzen

Das E-Rezept soll im Wesentlichen das Papierrezept gänzlich ersetzen. Dadurch falle ein großer Teil an Verwaltungsaufwand weg. Ärzte und Ärztinnen erstellen in Zukunft das E-Rezept und speichern dieses im E-Card System. Patienten und Patientinnen können das Rezept dann mittels QR-Code in der Smartphone-App oder 12-stelligem Code einlösen. Auch die Abholung durch Dritte ist möglich, wenn der QR-Code weitergegeben wird. Da jedes Rezept nur einmal gültig ist, und QR-Codes nur schwer zu fälschen sind, sei das E-Rezept auch sicherer. Ein vom Arzt ausgedrucktes Rezept wird es auch weiterhin geben. Außerdem bietet das E-Rezept die Möglichkeit einer kontaktlosen Verschreibung.

Schon jetzt ermöglicht die E-Medikation, dass Ärztinnen und Ärzte Rezepte digital ausstellen. Das neue System bringt aber vor allem, wie Peter Lehner zuvor erläutert hatte, Einsparungen in der Bürokratie, weil auch die Abrechnung mit der Sozialversicherung digital funktioniert und damit erstmals der gesamte Prozess digitalisiert ist. Auch müssen nunmehr Änderungen, die die Apotheke bei den Rezepten vornimmt, zwingend im System eingetragen werden – dadurch werde mehr Sicherheit sowohl für Patientinnen und Patienten wie auch für Apotheken geschaffen. (muz, APA, 16.6.2022)