Vor 25 Jahren begann der Zauber von J. K. Rowlings Büchern zu wirken.

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Joanne Rowling ist schon lange mehr Mythos als Mensch. Immerhin liest sich ihre Lebensgeschichte streckenweise selbst wie ein Roman: 1965 in einer englischen Kleinstadt geboren, soll sie schon im Kindesalter ihre kleine Schwester mit selbst erträumten Geschichten unterhalten haben.

Die Schriftstellerei bleibt zunächst ebenfalls ein Traum. Mit Ende zwanzig geht Rowling als Englischlehrerin nach Portugal. Da hat sie bereits eine Idee im Kopf, die sie nicht loslässt: die Geschichte eines Jungen namens Harry Potter, dessen trostlose Kindheit eine Wendung nimmt, als er von seinen Zauberkräften erfährt.

Bescheidene Anfänge

1992 heiratet Rowling in Portugal einen Fernsehjournalisten. Er ist gewalttätig, nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr darauf trennt sie sich von ihm. Hier beginnt der Mythos der Autorin: Sie zieht ins schottische Edinburgh und tippt, als Alleinerzieherin und Sozialhilfeempfängerin, immer nachts den ersten Band von "Harry Potter".

Jahrelang erhält sie von Verlagen nur Absagen. Erst im Juni 1997 erscheint der Roman in einer winzigen Auflage – und unter dem uneindeutigen Namen "J. K. Rowling". Schließlich, so die Überlegung der Verleger, würden kleine Buben kein Buch lesen wollen, das eine Frau namens Joanne geschrieben hat.

Doch aus dem ersten Buch wird eine siebenteilige Reihe und aus der Reihe ein Phänomen. Über eine halbe Milliarde Bücher wurden bisher weltweit verkauft, alle Teile verfilmt. Rowling wird zu einer der reichsten Britinnen. Selbst der unbequeme Stuhl, auf dem sie den ersten Band schrieb, wird mythisch aufgeladen und in New York für beinahe 400.000 Dollar versteigert.

Ein Bruch im Mythos

Nach Abschluss der Buchreihe 2007 wird Rowling Unternehmerin. Sie gründet das Webportal Pottermore, schreibt drei Spin-off-Bücher, ein Theaterstück, eine neue Filmreihe – und unter einem Pseudonym Krimis für Erwachsene.

Vor zwei Jahren beginnt sie auf Twitter Kritisches bezüglich Transgender-Aktivismus zu posten. Viele ihrer – nunmehr erwachsenen – Fans empfinden ihre Äußerungen als transfeindlich. Dabei hatten, so der Tenor im Netz, ihre Bücher und deren Motive von Toleranz und Magie besonders jungen LGBTQIA-Personen Halt gegeben. Bis heute ist die Debatte darüber nicht abgeflaut. 25 Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes beschäftigt der Bruch im Mythos der Autorin die Leserinnen und Leser genauso wie einst die Bücher. (Ricarda Opis, 26.6.2022)