Dietmar Schuster (Mitte) ist derzeit noch Generalsekretär im Finanzministerium – die Position soll ja bald abgeschafft werden. Dann bleibt ihm noch die Leitung der Budgetsektion.

Alle Themen des Untersuchungsausschusses zu mutmaßlicher ÖVP-Korruption würden ineinandergreifen – und das sehe man am besten im Finanzministerium, erklärte Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper: Zuerst würden Posten mit ÖVP-nahen Personen besetzt werden, diese hätten dann die Hebel in der Hand und öffneten die Kassen. Um aus Steuergeld ÖVP-Geld zu machen, so der ergänzende Vorwurf des roten Fraktionschefs Kai Jan Krainer.

Damit gaben die beiden den Ton an bei den Befragungen dieser Woche, die mit Dietmar Schuster begannen. Er ist der Nachnachfolger von Thomas Schmid als Generalsekretär im Finanzministerium, die Opposition erkennt darin auch eine systemische Kontinuität.

Interventionsvorwürfe

Schuster sei mittendrin statt nur dabei gewesen, behaupteten die Vertreter der Opposition sinngemäß. Vor allem bei Postenbesetzungen habe er mitgemischt, hielten ihm die Neos vor. Krisper fragte nach zwei Personalentscheidungen, bei denen Schuster mitgemischt haben soll.

Hintergrund ist die Aussage einer ehemaligen Sektionschefin, die mit Schuster in zwei Begutachtungskommissionen war. Das Dokument dazu liegt dem STANDARD vor, die Aussage wurde am 21. April 2022 getätigt.

Einmal, da ging es um die Leitung des Amtes für Betrugsbekämpfung, wollte Schuster laut der Beamtin, dass "keine Reihung" der Kandidaten für den Minister abgegeben wurde – vermutlich, weil er den damals Drittgereihten präferierte. Beim Finanzamt für Großbetriebe soll Schuster die ehemalige Sektionschefin gebeten haben, eine höchst geeignete Kandidatin zum Rückzug ihrer Bewerbung zu bewegen. "Ich sagte Dr. Schuster dann, ich könne das nicht tun, er solle es selber tun, was er seinerseits ablehnte", erzählte die damalige Beamtin den Ermittlern der WKStA.

Schuster bestritt das im U-Ausschuss, so wie er insgesamt seine Verantwortung und Beteiligung in den großen Affären minimierte. Bei jenem Termin Schmids und des Generalsekretärs der Bischofskonferenz Peter Schipka war er dabei, die Reaktion des Bischofs beschrieb Schmid in einer SMS an Sebastian Kurz als "zuerst rot dann blass dann zittrig". Wie Schuster das Gespräch wahrgenommen hatte? Als ein sachliches, sagte er vor dem Ausschuss unter Wahrheitspflicht.

Zur Causa Beinschab gab sich Schuster zugeknöpft und verwies auf die Interne Revision, die prüfte, wie das Ministerium jahrelang teils mutmaßlich parteipolitisch motivierte, teils methodisch schwache Umfragen in Auftrag geben konnte. Da habe es Konsequenzen gegeben, etwa dienstrechtliche; außerdem Vorschläge zur Qualitätsverbesserung, referierte Schuster den Abgeordneten.

Auch beim Thema Inseratenvergabe war aus Schuster nicht viel herauszubekommen. Zum Ärger der Opposition: Die ÖVP betreibe "Steuergeldmissbrauch", kritisierte Krainer. Das habe nicht nur im Finanzministerium "System", behauptete der rote Finanzsprecher.

Vorwürfe gegen Totschnig

Er verwies auf neu aufgetauchte E-Mails, die auf Gespräche zwischen dem jetzigen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Johannes Pasquali, dem einstigen Leiter der Öffentlichkeitsabteilung im Finanzressort, referieren. Totschnig war damals Bauernbunddirektor, die Opposition wirft ihm das Keilen von Inseraten für eine ÖVP-eigene Zeitung vor. Das wies das Landwirtschaftsministerium von sich.

Pasquali, der am Mittwoch als zweite Auskunftsperson befragt wurde, sprach von einem Mittagessen mit Totschnig. An den genauen Ablauf könne er sich nicht mehr erinnern, es sei aber bestimmt rechtskonform abgelaufen. Totschnig bedankte sich damals jedenfalls bei Schmid: "Hat super geklappt!"

Gut geklappt hat offenbar auch das Auskommen zwischen dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und dem damaligen Außenminister Sebastian Kurz: Die FPÖ präsentierte einen "Sideletter" aus dem April 2015, in dem sich die beiden Minister mehr Mittel für Entwicklungszusammenarbeit ausgemacht hatten. Warum es dafür einen Sideletter brauche, konnte Schuster – damals im Kabinett Schelling und ab Sommer 2015 in der Budgetsektion tätig – nicht beantworten.

Wenig Neues gab es auch bei der Befragung von Pasquali: Der beschwerte sich vor allem über die Interne Revision, die ihn bei ihrer Prüfung der Beinschab-Affäre nicht interviewt hatte. Ihr Bericht war dann auch Grund für Pasqualis Kündigung, gegen die er arbeitsrechtlich vorgeht.

Am Donnerstag werden die Befragungen unter anderem mit Kurz-Berater Gerald Fleischmann fortgesetzt. (Fabian Schmid, Martin Tschiderer, 30.6.2022)