Rekordspielerin Caroline Seger (Schweden, links) im Luftkampf gegen Niamh Fahey (Irland) bei der WM-Quali im April in Göteborg.

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Eine Rekordzahl von 48 Uefa-Mitgliedsverbänden hat sich ab August 2019 um die Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft der Frauen bemüht. Eigentlich sollte die Endrunde im Sommer 2021 über die Bühne gehen, doch sie fiel wie so viele Veranstaltungen der Corona-Pandemie zum Opfer. Heute sind im Ausrichterland von der Inzidenz bis zur Sterbeziffer alle Seuchenindikatoren vielfach höher als zum ursprünglichen Termin im Vorjahr, aber das scheint die Komitees nur mehr wenig zu stören: Ab Mittwoch wird in England die Nachfolge von Titelverteidiger Niederlande ausgefochten.

16 Teams matchen sich um die Krone, die Teamchefinnen und Teamchefs durften bis Sonntag jeweils 23-köpfige Kader nominieren. Das ergibt nach Adam Ries 368 Akteurinnen, die sich auf 48 Torfrauen, 122 Verteidigerinnen, 104 Mittelfeldspielerinnen und 94 Stürmerinnen verteilen.

Die jüngste von ihnen ist Islands Amanda Andradóttir mit achtzehneinhalb Jahren, die älteste Schwedens Torhüterin Hedvig Lindahl, die Ende April ihren 39. Geburtstag feierte. Bei den Österreicherinnen reicht die Altersspanne von der 20-jährigen Marie-Therese Höbinger bis zur 31-jährigen Stefanie Enzinger.

Die weitaus größte Erfahrung bringen die Mitfavoritinnen aus Schweden mit nach England. 69,4 Länderspiele hat jedes schwedische Kadermitglied im Durchschnitt bestritten, Österreich liegt mit 49,9 Spielen auf Rang fünf, das Feld beschließt Spanien mit 31 Spielen pro Akteurin. Im Mittel beträgt die Karrierebilanz einer Euro-Teilnehmerin 44,6 Spiele.

Das sind gut eineinhalb mal so viele Begegnungen wie die 28,8 Nationalteameinsätze, die ein durchschnittlicher Teilnehmer der Europameisterschaft der Männer im Vorjahr in den Beinen hatte.

Österreichs Rekordspielerin Sarah Puntigam lässt sich nach dem ersten von acht ÖFB-Toren beim WM-Quali-Spiel gegen Lettland im April in Wiener Neustadt feiern.
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Die Einzelspielerin mit der längsten Einsatzliste ist Schwedens Mittelfeldregisseurin Caroline Seger. Die 37-Jährige hat in den vergangenen 17 Jahren sage und schreibe 221 Partien für das Damlandslag bestritten. Zum Vergleich: Österreichs Startformation beim letzten Herren-Länderspiel gegen Dänemark ging mit 233 zuvor absolvierten Spielen ins Match – in Summe, zu elft.

Die Klubs, die heuer die meisten Spielerinnen für die Auswahlen abstellen, sind Juventus Turin und FC Barcelona mit jeweils 15 Beschäftigten. Dahinter folgen Vereine, die durchwegs auch im Männerfußball klingende Namen tragen: Bayern, Wolfsburg, Chelsea, Arsenal, Manchester und so fort.

Kaum anders verhält es sich, wenn man auf die Länder blickt, in denen die Klubs beheimatet sind. Mit 229 sind fast zwei Drittel aller Spielerinnen im Brotberuf in den Ligen der Big Five, also in England, Deutschland, Spanien, Italien oder Frankreich, tätig.

Lediglich vier Akteurinnen kicken im Alltag in der österreichischen Bundesliga, sie allesamt spielen für die österreichische Auswahl: Jasmin Eder, Isabella Kresche und Stefanie Enzinger vom SKN St. Pölten sowie Lisa Makas vom FK Austria Wien.

Die anderen 19 Österreicherinnen reisen als Legionärinnen zum Turnier, davon alleine 14 von Klubs in Deutschland aus. Der Rest verteilt sich auf englische (3), italienische und Schweizer Vereine (jeweils 1).

Mit vier Spielerinnen aus der eigenen Liga gehört die Auswahl von Teamchefin Irene Fuhrmann übrigens zu den Schlusslichtern. Nur Dänemark mit drei und Finnland mit zwei Nominierten vertrauen noch weniger auf den jeweils heimischen Meisterschaftsbetrieb.

Umgekehrt tun sich die Engländerinnen, Italienerinnen und Spanierinnen fast ausschließlich in den eigenen Ligen gütlich; in deren Kader wurde jeweils nur eine Legionärin einberufen. Immerhin zwei im Ausland aktive Spielerinnen berücksichtigen Deutschland und Portugal.

Die größte Streuung haben hingegen die Däninnen und die Isländerinnen mit Aktiven in acht verschiedenen Ländern. Tendenziell gilt: Je stärker das Team, desto geringer fällt die Anzahl der unterschiedlichen Klubs und Länder aus, in denen die Spielerinnen wirken. Mit Ausnahme Schwedens beschränken sich die Trainer der favorisierten Nationen auf nicht mehr als zwölf verschiedene Vereine in maximal fünf Ländern.

Die Favoritinnen decken sich laut den Wettbüros ebenfalls mit den üblichen Verdächtigen im Männerfußball. Spanien, England, Frankreich, die Niederlande, Deutschland und Schweden haben Quoten von unter eins zu zehn. Für einen österreichischen Titel würde man pro eingesetzten Euro bis zu 66 Euro zurückbekommen. Die geringsten Chancen werden den Finninnen sowie den Debütantinnen aus Nordirland mit Quoten von mehr als eins zu 200 beschieden. (Michael Matzenberger, 2.7.2022)