Hutchinson wird bereits mit einem Rechtsberater des ehemaligen Präsidenten Richard Nixon verglichen, der seinerzeit als Hauptbelastungszeuge in der Watergate-Affäre auftrat.

Foto: Reuters/Harnik

Dass dem Präsidenten hinterherzuputzen zu ihrem Jobprofil im Weißen Haus gehört, hatte sich Cassidy Jacqueline Hutchinson vermutlich nicht erwartet. Ein Interview des Justizministers William Barr hatte Donald Trump dermaßen in Rage versetzt, dass er sein Essen gegen die Wand warf. Barr hatte erklärt, es habe bei der Präsidentenwahl keinen Betrug gegeben. Die Mitarbeiterin von Trumps Stabschef Mark Meadows musste danach das von der Wand tropfende Ketchup wegwischen.

Diesen und weitere Einblicke in die bizarre Stimmung der letzten Tage der Amtszeit des Wahlverlierers lieferte sie bei ihrer Anhörung bezüglich der Ereignisse rund um die Erstürmung des Kapitols durch Trump-Fans am 6. Jänner 2021.

Praktikum

In ihrer Heimatstadt Pennington in New Jersey war die 1996 geborene Hutchinson als Schülerin für den Jugendausschuss der Gemeinde aktiv und wurde vom Bürgermeister für ihre "außergewöhnlichen Bemühungen" ausgezeichnet. Im März 2019 schloss die aus einer Nichtakademikerfamilie stammende Hutchinson ihr Politologiestudium an der Christopher Newport University in Virginia ab. Schon im Sommer davor begann sie als Praktikantin im Weißen Haus.

Zu Tränen gerührt

Der Studentenzeitung ihres Colleges erklärte sie, sie war "zu Tränen gerührt, als ich die E-Mail erhielt, dass ich für die Teilnahme ausgewählt worden war". Das Praktikum sei "eine Ehre und eine enorme Erfahrung". Unter anderem absolvierte sie auch Praktika für Steve Scalise, den Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, und für den texanischen Senator Ted Cruz. Bald wurde sie unter Meadows Assistentin des Präsidenten.

Nun war sie die erste ehemalige Mitarbeiterin aus dem inneren Zirkel Trumps, die vor dem Sonderausschuss zum 6. Jänner aussagte. Meadows verweigerte die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss, der daraufhin Schritte wegen der kriminellen Behinderung des Kongresses gegen ihn einleitete – als ersten Stabschef des Weißen Hauses seit Richard Nixons Watergate-Skandal. Das Justizministerium lehnte jedoch eine strafrechtliche Verfolgung Meadows' ab.

Umso brisanter sind die Aussagen seiner Ex-Assistentin, auch wenn manche davon nur wiedergeben, was ihr damals zu Ohren kam. In Washington wird sie als neuer "John Dean" gehandelt. Nixons Rechtsberater hatte seinerzeit an der Vertuschung der Watergate-Affäre mitgewirkt, dann aber die Seiten gewechselt und sich als Hauptbelastungszeuge zur Verfügung gestellt. (Michael Vosatka, 29.6.2022)