Es kommt nicht oft vor, dass sich ein leitender Oberstaatsanwalt selbst auf der Anklagebank wiederfindet.

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Innsbruck/Wien – Der Prozess gegen den Wiener OStA-Leiter Johann Fuchs hat am Freitag am Innsbrucker Landesgericht begonnen. Ihm werden Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem U-Ausschuss vorgeworfen. Er soll im Dezember 2020 Aktenteile über eine Anzeige gegen eine "Presse"-Redakteurin an den suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek weitergegeben haben. Fuchs bekannte sich nicht schuldig. Der Prozess dürfte vertagt werden, weil sich Pilnacek als Zeuge entschuldigen ließ.

Pilnacek geeigneter Ansprechpartner

Fuchs sagte aus, dass er sich mit Pilnacek beraten habe, da Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anzeige gegen die Journalistin aufgrund eines von ihr verfassten, kritischen Artikels zur Behörde vorbereiteten. Für Fuchs stellte dies einen "Angriff der Staatsanwaltschaft auf eine wesentliche Säule der Demokratie" dar, die er in seiner beruflichen Laufbahn so nie erlebt habe. Er habe versucht, "den Schaden so gering wie möglich zu halten", ein "Super-GAU" habe gedroht. Pilnacek sei für ihn ein geeigneter Ansprechpartner gewesen, durch die Konsultation seien auch keine "schutzwürdigen und privaten Interessen" verletzt worden, war Fuchs überzeugt.

Im Ibiza-Untersuchungsausschuss im März 2021 hatte er vor den Abgeordneten des Parlaments ausgesagt, sich nicht erinnern zu können, Aktenteile an Pilnacek weitergegeben zu haben. Dies sei eine "Einschätzung meiner Erinnerung", gab er nunmehr vor Gericht zu Protokoll. Er könne darin keine strafbare Handlung erkennen. Außerdem habe er versucht, seine Aussage so zu gestalten, um keine weitere Angriffsflächen zu bieten. Fuchs führte an, dass er damals unter "erheblichen Druck" gestanden habe, da sich die Befragung im U-Ausschuss direkt gegen seine Person gerichtet habe. Schließlich wurden im Ibiza-Verfahren von der OStA Entscheidungen getroffen, die von der WKStA und politischen Parteien öffentlich heftig kritisiert worden waren. Er fühle sich aber nur dem Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte fest.

"Besonderes Verfahren"

Für den Staatsanwalt war dies ein "besonderes Verfahren", "weil es nicht alle Tage vorkommt, dass sich ein leitender Oberstaatsanwalt auf der Anklagebank wiederfindet". Anhand einer zeitlichen Rekonstruktion des Tages, an dem die Anzeige der WKStA bei der OStA landete, war für den öffentlichen Ankläger klar, dass nur Fuchs seinem Vertrauten Pilnacek die Aktenteile weitergegeben habe könne. Pilnacek sei aber nicht mehr zuständig für diese Causa gewesen, er habe ihm die Unterlagen nicht geben dürfen, war der öffentliche Ankläger überzeugt.

Die Anzeige gegen die Redakteurin wurde mangels Anfangsverdachts nicht weiter verfolgt. Im Falle einer Verurteilung drohen Fuchs bis zu drei Jahre Haft. Pilnacek wurde in derselben Causa bereits nicht rechtskräftig in Wien freigesprochen. Der suspendierte Sektionschef ließ sich am Freitag wegen eines "triftigen Grundes" entschuldigen, erklärte der Staatsanwalt gegenüber der APA. Der Prozess wurde daher vertagt. Pilnacek war als einziger Zeuge geladen. (APA, 1.7.2022)