Wenn es um fehlendes Personal für einfache Jobs geht, halten rund ein Drittel die unattraktiven Konditionen für ausschlaggebend.

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Berlin – Der in der deutschen Wirtschaft immer stärker auftretende Fachkräftemangel ist Arbeitnehmervertretern zufolge zum Teil hausgemacht. So sorgen auch unattraktive Arbeitsbedingungen wie geringe Bezahlung oder ungünstige Arbeitszeiten dafür, dass immer mehr Firmen händeringend nach geeignetem Personal suchen, wie am Montag aus einer Umfrage des gewerkschaftsnahen WSI-Instituts von knapp 3.900 Betriebs- und Personalräten hervorgeht. Je nach Qualifikationsprofil der offenen Stellen sehen ein Viertel bis ein Drittel der Befragten darin den wichtigsten Faktor für Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in ihrem Betrieb

In bestimmten Branchen sind Arbeitskräfte knapp. Das WSI-Institut der Hans-Böckler-Stiftung verwies auf Angaben der Bundesagentur für Arbeit, wonach es etwa in Bauberufen, dem Handwerk, der Pflege und dem IT-Bereich seit geraumer Zeit einen Mangel an Fachkräften gebe. Zuletzt zeigte auch das Chaos an deutschen Flughäfen, dass dort dringend Beschäftigte – vor allem bei Bodendienstleistern – gesucht werden.

Lange Suche

Die Betriebs- und Personalräte bestätigen den allgemeinen Fachkräftemangel: 56,2 Prozent geben an, dass in den vergangenen 24 Monaten nicht alle ausgeschriebenen Stellen besetzt werden konnten. Besonders hoch sei der Anteil mit gut 80 Prozent im Gesundheitswesen und mit rund 72 Prozent am Bau. Neben der Branche spielt das Qualifikationsniveau eine wichtige Rolle: Von den Befragten, deren Betrieb von Personalnot betroffen ist, berichten 70,5 Prozent, dass Stellen für Hochqualifizierte vakant geblieben sind, bei rund 63 Prozent waren es Jobs für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Probleme bei der Gewinnung von Auszubildenden geben 28,6 Prozent zu Protokoll, Personal für einfache Tätigkeiten fehlt bei 19,4 Prozent.

Wenn es um fehlendes Personal für einfache Jobs geht, halten rund ein Drittel die unattraktiven Konditionen für ausschlaggebend. In den Branchen Verkehr, Logistik sowie Gastgewerbe ist der Anteil der Befragten, die die Jobbedingungen vor Ort verantwortlich machen, sogar größer als der Anteil derjenigen, die auf den knappen Arbeitsmarkt verweisen.

Um vor allem Geringqualifizierte, Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund besser ins Arbeitsleben zu integrieren, ist laut WSI mehr Weiterbildung nötig. Mehr Angebote für Kinderbetreuung, familienfreundliche Arbeitszeiten und Homeoffice könnten jungen Eltern die Teilhabe am Erwerbsleben erleichtern. Zudem könnten gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen und eine bessere Prävention Älteren den Verbleib im Job ermöglichen. Um ausländische Fachkräfte zu gewinnen, sollten Staat und Firmen Kosten von Sprachkursen übernehmen. Zudem sollten ausländische Abschlüsse einfacher anerkannt werden. (APA, Reuters, 4.7.2022)