Nach Erscheinen des Ibiza-Videos im Mai 2019 traten der damalige FPÖ-Klubchef Johann Gudenus sowie der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache zurück. Wenig später implodierte die türkis-blaue Bundesregierung.

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Rechtsanwalt Ramin M., der mutmaßliche Financier des Ibiza-Videos, wird angeklagt. Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, teilte dem STANDARD auf Anfrage mit, dass die Behörde einen Strafantrag wegen Missbrauchs von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten sowie wegen eines Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz als unmittelbarer Täter eingebracht hat. Konkret geht es beim zweiten Delikt um "Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht". Die Höchststrafe bei beiden Delikten beträgt maximal ein Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.

Erster Termin am 21. Juli

Verhandelt wird vor dem Bezirksgericht (BG) Leopoldstadt, ein erster Termin findet am 21. Juli statt. Zeugen sind vorerst keine geladen, der Termin ist auch nur für 20 Minuten anberaumt: Es könnte also auch um eine mögliche Diversion gehen.

Eine Sprecherin des Bezirksgerichts sagte am Dienstag dem STANDARD, dass M. auch der unerlaubte Umgang mit Suchtgiften nach dem Suchtmittelgesetz vorgeworfen wird. Auch hier betrage die Höchststrafe für das beanstandete Vergehen ein Jahr Haft. Es handelt sich jedenfalls nicht um einen gewerbsmäßigen Verkauf. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bei den zur Last gelegten Handlungen "geht es teilweise um die Produktion des Videos sowie um bestimmte Vorbereitungshandlungen", sagte die Mediensprecherin des Bezirksgerichts. Außerdem gehe es auch darum, dass das Ibiza-Video zum Verkauf angeboten worden sein soll – also um die Weitergabe gegen Entgelt.

Zweite Person mitangeklagt

Mit Rechtsanwalt M. ist auch eine zweite Person vor dem BG Leopoldstadt angeklagt – "im Zusammenhang mit der Videoproduktion", wie es vonseiten des Bezirksgerichts heißt. Diese Person soll etwa die Qualität der Tonspur nachträglich verbessert haben. Ihr wird unter anderem die Annahme, Weitergabe oder der Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden vorgeworfen.

Der Wiener Anwalt M. hatte bereits kurz nach Erscheinen des Ibiza-Videos vor mehr als drei Jahren über seinen Rechtsanwalt Richard Soyer seine Beteiligung am Ibiza-Video eingestanden. "Es handelte sich um ein zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt, bei dem investigativjournalistische Wege beschritten wurden", hieß es damals. Sein Mandant habe laut Soyer "einzig demokratiepolitische und rechtliche Überlegungen" angestellt. Zum Video sei festzuhalten, dass ein "verdeckter Kameraeinsatz im Enthüllungsjournalismus zur Aufdeckung von Missständen zulässig ist", wie in der Pressemitteilung des Anwalts stand.

Ermittlungen wegen Täuschung eingestellt

Gegen Anwalt M. war zuvor von der Staatsanwaltschaft wegen Täuschung ermittelt worden – "zum Nachteil von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus". Der Hintergrund: M. hatte die aus dem Video bekannte vermeintliche Oligarchennichte mit Ex-FPÖ-Klubchef Gudenus bekanntgemacht. Diese hatte vorgegeben, dass sie eine Liegenschaft von Gudenus kaufen möchte. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft ebenso eingestellt wie Ermittlungen wegen Urkundenfälschung.

Verfahren gegen Hessenthaler eingestellt

Erst vergangene Woche hatte die Staatsanwaltschaft Wien bestätigt, dass das Verfahren gegen den Drahtzieher Julian Hessenthaler in der Causa Ibiza-Video eingestellt wurde. Hessenthaler befindet sich aber im Gefängnis: Er wurde Ende März unter anderem wegen Kokainhandels nicht rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Davor saß Hessenthaler auch schon seit Dezember 2020 in Deutschland in Auslieferungshaft sowie seit März 2021 in U-Haft in Österreich. Beides wird ihm auf die Strafhöhe angerechnet. Ende Mai wurden neuerliche Ermittlungen gegen Hessenthaler wegen eines Drogendelikts bekannt.

Bei den Ermittlungen gegen die vermeintliche Oligarchennichte gab es eine Teileinstellung zum Vorwurf der Täuschung. Der Rest des Verfahrens ist abgebrochen: Sollten die Behörden des Lockvogels habhaft werden, könnten diese Teile aber wiederaufgenommen werden.

Das bekannt gewordene Treffen in der Finca auf Ibiza ging im Sommer 2017 über die Bühne. Die Veröffentlichung der Aufnahmen im Mai 2019 führte zu den Rücktritten des damaligen Vizekanzlers Strache und des FPÖ-Klubchefs Gudenus sowie in weiterer Folge zum Aus der türkis-blauen Bundesregierung. (David Krutzler, 5.7.2022)