Bivalenter Betrieb ist im Winter gefragt: Industrieanlagen (im Bild die Voest in Linz) und Kraftwerke sollen im Winter auch mit Öl betrieben werden können, wenn die Gasversorgung stockt.

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Das Koordinatensystem gerät ins Rutschen. Ausgerechnet die Grünen fordern nun Großunternehmen und Kraftwerksbetreiber auf, doch, bitte schön, zeitnah in die Umrüstung ihrer Anlagen von Gas auf Öl zu investieren. Spätestens im Winter sollten sie für die Produktion von Strom und Wärme an ihren Standorten in erster Linie Öl verwenden, wenn Gas knapp wird. Die Verzweiflung muss groß sein, wenn Grüne, für die sonst schon der Einsatz von Gas pfui ist, das deutlich schmutzigere Öl ins Spiel bringen.

Auch in Deutschland sind es übrigens die Grünen, die über ihren Schatten springen. Dort müssen sie sogar den breiten Einsatz von Kohle, eine noch weit schlimmere CO2-Schleuder als Öl und Gas, argumentieren. Hierzulande wird aus Mangel an umrüstbaren Objekten derzeit nur die Revitalisierung des früheren Kohlekraftwerks Mellach bei Graz in Angriff genommen. In Deutschland sind es gleich mehrere Meiler, für die Berge an frischer Kohle herangekarrt werden. Mit Bauchweh zwar, aber dennoch.

Besser in den sauren Apfel beißen als gar nichts beißen, scheint die Devise zu sein. Man kann dem nur zustimmen. Jetzt geht es darum, möglichst unbeschadet den nächsten Winter zu überstehen. Noch sind wir angewiesen auf ausreichend Gas, um die Wohnungen warm und die Wirtschaft am Laufen zu halten. Denn ohne Job wird es bei steigenden Kosten auch bald ungemütlich.

Die Grünen haben das Pech, diese unpopulären Entscheidungen jetzt treffen zu müssen, weil sie Glück hatten, in Regierungsverantwortung zu kommen und Ministerien zu ergattern, die sich gerade jetzt als entscheidend erweisen. Eines sollte aber klar sein: Der eine Schritt zurück zum Öl und die zwei Schritte zurück zur Kohle sind nur tolerierbar, wenn es rasch große Schritte vorwärts gibt beim Umbau des Energiesystems von schmutzig auf sauber. Die Gaskrise muss jetzt der Turbo beim lange hinausgezögerten Abnabeln von fossilen Energien sein. Dann könnte der Notstand doch noch für etwas gut sein. (Günther Strobl, 6.7.2022)