Die im Rahmen der Entbastifizierung der Bundesregierung vollzogene Ablöse der Kompetenz-Dekonstruktivistinnen Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger hat eine bis dato unbeantwortete Frage in den Raum gestellt: Warum ist Susanne Raab noch immer im Amt?

Susanne Raab hat, einer ÖVP-internen Einschätzung zufolge, ihre Agenda im Bereich ministeriellen Postenschachers noch nicht zufriedenstellend abgearbeitet.
Foto: IMAGO/SEPA.Media/Martin Juen

Eine mögliche Erklärung könnte in einer ÖVP-internen Einschätzung liegen, wonach Raab – anders als die beiden Ex-Ministerinnen – ihre Agenda im Bereich ministeriellen Postenschachers noch nicht zufriedenstellend abgearbeitet hat. Ein großer Schritt in diese Richtung gelang ihr aber nun mit der Bestellung des neuen Chefs der staatlichen Medienförderstelle RTR. Ein bedeutsamer Job, vergibt sein Inhaber doch im Alleingang gigantische Summen an heimische Medienbetriebe, zum Beispiel jährlich 20 Millionen Euro an kommerzielle Privatsender, 13,5 Millionen Euro für TV-Produktionen, oder gleich bei Dienstantritt 54 Millionen Euro für die "digitale Transformation von Medien".

Als geeignetster Bewerber für diesen Posten gilt schon seit längerer Zeit der ehemalige Assistent der RTR-Geschäftsführung und jetzige Datum-Herausgeber Sebastian Loudon, dem jedoch ein entscheidender Makel anhaftet: seine mangelnde Nähe zu politischen Parteien. Dies wurde ihm bereits 2017 zum Verhängnis, als der damals für die Bestellung zuständige Thomas Drozda einem willigen SPÖ-Wien-Büttel den Vorzug gab, von dessen Amtsführung das einzig Bemerkenswerte die absurd üppigen Subventionen für Wolfgang Fellners Political-Commercial-Presentation-Kanal oe24.TV waren.

Unwürdiges Schauspiel

Bei der Neuausschreibung 2022 wurde Loudon jetzt nicht einmal zum Hearing eingeladen. Eine Vorgangsweise, die – außer bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie ihnen nahestehenden Boulevard- und Zudeckungsmedien – für Empörung sorgte. Doch die Motive für die Nichteinladung werden zumindest nachvollziehbar, wenn man sich Loudons Bewerbung durchliest: "Zur Glaubwürdigkeit von Medien gehört auch das intakte, aber von gesunder Distanz geprägte Verhältnis zwischen Medien und Politik", meint er darin und fordert einen "Neustart für die österreichische Medienförderung und für die Praxis der Medienkooperationen und Werbeschaltungen der öffentlichen Hand", für die er "eine faire und sachgerechte Handhabe" als Ziel nennt.

Nun könnte man glauben, der Inseratenkorruptionsskandal, der immerhin einen Bundeskanzler sein Amt gekostet hat, hätte solche Forderungen zu Selbstverständlichkeiten gemacht. Weit gefehlt. Wie es mit der "gesunden Distanz zwischen Medien und Politik" bei uns aktuell ausschaut, illustriert die Bestellung des RTR-Chefs. Geworden ist es ein CV-Kamerad und Geschäftsführer eines CSU-nahen Schlager-Radios. Als sein Königsmacher dürfte ein König fungiert haben, nämlich Philipp König, Geschäftsführer bei Kronehit und ehemaliger Kabinettschef des gestrauchelten türkisen Message-Kontrollors Gerald Fleischmann.

Der Unterschied des neuen RTR-Chefs zu seinem Vorgänger wird also vermutlich in einer neu kalibrierten Zuneigungszuteilung zwischen den Medienhäusern Fellner und Dichand liegen. Und Susanne Raab hätte sich angesichts ihrer Mitwirkung an diesem unwürdigen Schauspiel ihren Rücktritt redlich verdient. (Florian Scheuba, 7.7.2022)