Manuela Zinsberger kommt nicht mehr nach. Der Ball landet knapp aber doch im Tor.

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Jubel in der 16. Minute bei Torschützin Beth Mead.

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Teamchefin Irene Fuhrmann hatte ihr Team gut eingestellt.

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Enttäuschung nach Spielende bei Nicole Billa.

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Manchester – Österreichs Fußballerinnen mussten sich zum Auftakt der Euro in Manchester den Gastgeberinnen aus England 0:1 geschlagen geben. Das Team von Irene Fuhrmann konnte in manchen Phasen des Spiels mithalten, zeigte, dass man sich nicht aus dem Stadion schießen lassen wollte. Und das gelang.

Vor dem Spiel war die Überraschung in der Aufstellung eigentlich keine Überraschung. Denn wenn Kapitänin Viktoria Schnaderbeck fit ist, steht sie freilich in der Anfangself. Nach den Fragezeichen hinter dem Einsatz der Steirerin folgte Gewissheit: Schnaderbeck begann neben Carina Wenninger in der Innenverteidigung.

Viele Selfies

Die Vorzeichen waren jedenfalls klar: England musste ganz viel, Österreich wollte ein bisschen was. Bei der Platzbesichtigung vor dem Spiel wagten einige Spielerinnen ein Tänzchen am Mittelkreis. Sonst wurden Selfies geschossen, viele Selfies.

Aus Österreich war auch eine Delegation eingetroffen: Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler (Grüne) war dabei, auch ÖFB-Präsident Gerhard Milletich ließ sich die größte Bühne für den österreichischen Frauenfußball nicht entgehen.

Die Bühne war das Old Trafford von Manchester United, mit der EM-Rekordkulisse von 68.871 Zuseherinnen und Zusehern. Für viele Akteurinnen war es das größte Spiel ihrer Karriere. Beim Aufwärmen setzte der Regen ein. Sonst wäre die Szenerie auch wie ein McDonald's-Menü ohne Pommes gewesen. Die Show vor der Show war eine Show. Pyrotechnik ist in England bei offiziellen Turniereröffnungsfeiern offenbar kein Verbrechen.

Verheißungsvoller Start

Österreich startete verheißungsvoll in die Partie, die ersten Aktionen gelangen. 2. Minute, Keeperin Manuela Zinsberger musste zum ersten Mal eingreifen, der Freistoß aus großer Distanz war eine Fangübung für Österreichs Nummer eins.

5. Minute: Angriff Österreich, Sarah Zadrazil schnappte sich den Ball, wurde abgefangen, die Bayern-Legionärin bekam aber eine zweite Chance. Der anschließende Eckball wird fast zur großen Konterchance, Barbara Dunst aber konnte klären.

Insgesamt konnte man den Gastgeberinnen aus England anfangs eine gewisse Nervosität ansehen: leichte Ballfehler, Schwierigkeiten im Spielaufbau. Österreich hingegen zeigte immer wieder, dass man genau auf dieser Bühne bestehen kann.

In der 10. Minute konnten die Lionesses einmal flüssig kombinieren, der Kopfball von White war kein Problem für Zinsberger. Das Spiel schien danach ein wenig zugunsten Englands zu kippen, das Team von Sarina Wiegman wurde mutiger und stärker, das Publikum lauter. Österreich setzte Konter: Hanshaw suchte Zadrazil, fand eine Engländerin (12.).

Zinsberger überhoben

In der 16. Minute wurde es so richtig laut in Manchester. Beth Mead wird perfekt freigespielt, die Arsenal-Angreiferin überhob ihre Klubkollegin Zinsberger, Wenningers Rettungsversuch kam zu spät, der Ball war über der Linie. Kurze Überprüfung vom Schiedsrichterteam: 1:0 England. Englands Trainerin Wiegman riss die Hände in den Himmel.

Ihr Team wollte anschließen, erhöhen, ausbauen. Österreich tat sich schwer, in die Befreiung zu finden. Topchance England: Hemp flankte auf White, die kam völlig frei zum Kopfball, setzte ihn neben das Tor (26.).

Die Gastgeberinnen um Kapitänin Leah Williams hatten weiter mehr vom Spiel, ohne ihre Überlegenheit auch in große Chancen umzumünzen, es fehlte vor allem der vorletzte Pass. Fuhrmann trieb von außen an, Österreich fand zumindest in der Schlussphase wieder öfters in den Ballbesitz, auch weil sich die Engländerinnen nicht mehr ganz so aggressiv ins Pressing stellten.

Kurz vor der Pause doch noch eine Gelegenheit zum Ausgleich. Angriff über rechts, also Dunst und Zadrazil, der Ball kommt zu Hanshaw, die den Ball im Rutschen auf die Tribüne zimmerte. Kein Ausgleich, aber ein Lebenszeichen.

Gut aus der Kabine

Apropos Lebenszeichen: In der Nachspielzeit verlor Wenninger am eigenen Sechzehner den Ball, der kam zu Hemp, aber Zinsberger verhinderte mit einer Großtat den 0:2-Rückstand. Also Pause, und Österreich lag nach wie vor 0:1 hinten.

Der Beginn der zweiten Hälfte erinnerte an den Beginn der ersten. Österreich kam gut aus der Kabine, zeigte flüssige Kombinationen. Nur die große Gefahr, also eine zwingende Torchance, blieb aus. England fand schnell wieder in die Partie, hatte Ballbesitz und Zug zum Strafraum. Das ÖFB-Team stemmte sich dagegen.

56.: Naschenweng mit einem Abschluss: drüber. Auf der Gegenseite vergab Georgia Stanway. Fuhrmann reagierte, brachte Julia Hickelsberger-Füller, die sich gleich einmal mit einem robusten Einsteigen vorstellte. Man raunte in Manchester.

Das Bild blieb gleich: England mit mehr Ballbesitz, aber Österreich stemmte sich dagegen, fand auch in der Offensive Akzente (Dunst auf Hickelsberger-Füller, Schuss geblockt). England hatte Chancen (Hemp, 68., Russo 70., Kelly).

Ausrufezeichen in der Schlussphase

Das Spiel plätscherte in die Schlussphase, Fuhrmann brachte Marina Georgieva für Schnaderbeck. Und die Österreicherinnen setzten wieder ein Ausrufezeichen: Dunst kommt mit Tempo ins Dribbling, zieht nach innen und zwingt Keeperin Mary Earps zu einer Glanztat (77.).

Schlussphase: Geht noch was? Zuerst einmal nur für Marie Höbinger, sie wurde nämlich für Laura Feiersinger eingewechselt. Hickelsberger-Füller prüfte noch einmal Earps, das war's dann aber auch. Österreich zeigte eine engagierte Leistung, eine Leistung, die für die restlichen Gruppenspiele Hoffnung geben sollte.

Am Montag geht es weiter. In Southampton trifft man auf Nordirland. Die Nordirinnen gilt es zu schlagen, will man ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden. Das Match in Southampton ist ein Maßstab, ein Gradmesser. Es gibt eine alte Fußballweisheit: "Wenn man gegen Nordirland nicht gewinnt, hat man im Viertelfinale auch nichts verloren." (Andreas Hagenauer aus Manchester, 6.7.2022)

Fußball-Frauen-EM, Gruppe A, 1. Runde:
England – Österreich 1:0 (1:0)
Manchester, Old Trafford Stadium, 68.871 Zuschauer, SR Marta Huerta de Aza (ESP).

Tor: 1:0 (16.) Mead

England: Earps – Bronze, Bright, Williamson, Daly – Stanway, Walsh – Mead (64. Kelly), Kirby (63. Toone), Hemp – White (64. Russo)

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Wenninger, Schnaderbeck (77. Georgieva), Hanshaw – Zadrazil, Puntigam, Feiersinger (87. Höbinger) – Dunst, Billa, Naschenweng (59. Hickelsberger-Füller)

Gelbe Karten: keine