Für das Heer wurde ein neues IT-System gekauft. In Betrieb ging es aber bis heute nicht.

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Der Kauf eines neuen IT-Systems endete für das Verteidigungsministerium in einem Millionengrab, wie die "Wiener Zeitung" berichtet. 13,4 Millionen Euro wurden demnach bislang in das System "Defense Forces & Public Security" des deutschen Softwareherstellers SAP gesteckt, das international bereits von zahlreichen Streitkräften und Polizeibehörden eingesetzt wird. In Österreich ging es trotz Anschaffung aber nie in Betrieb – und verursacht weiter laufende Kosten von 650.000 Euro pro Jahr.

Das Bundesheer war auf der Suche nach einer neuen IT-Lösung gewesen, weil die zuvor verwendeten Systeme an ihre Grenzen gestoßen waren. Im deutschen Produkt, konkret dem Basismodul "Organisatorische Flexibilität" zur Planung militärischer und ziviler Operationen, glaubte man die passende Software gefunden zu haben. Nach internen Debatten und Verhandlungen schaffte das Verteidigungsministerium das System schließlich an. 2016 wurde es im Ressort erstmals präsentiert, 2019 hätte es in Betrieb gehen sollen. Doch das passierte nie.

Bedenken wegen sensibler Geheimdienst-Daten

Ausschlaggebend dafür war Rudolf Striedinger, Generalmajor im Bundesheer, heute Leiter der Gecko-Kommission und bis 2020 Chef des Abwehramtes, einer der beiden Nachrichtendienste im Heer. In dieser Funktion äußerte Striedinger – damals auch Beauftragter für Informationssicherheit im Verteidigungsministerium – Sicherheitsbedenken gegenüber der deutschen Software.

Im September 2019 richtete er ein Schreiben an den damaligen Verteidigungsminister Thomas Starlinger, in dem er empfahl, das System nicht zu implementieren. Sorgen bereitete dem Generalmajor, dass mit Betrieb des IT-Systems Daten aus dem Heeresressort an das Bundesrechenzentrum (BRZ) geflossen wären. Striedinger sah insbesondere sensible Daten aus den Nachrichtendiensten gefährdet.

Verteidigungsminister Starlinger folgte der Empfehlung seines Sicherheitsbeauftragten und setzte die Aktivierung der Software vorerst aus, wie er gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigte. Bald darauf, im Jänner 2020, schied er allerdings aus dem Amt. Seine Nachfolgerin Tanner ließ das System ihrerseits ebenso nicht in Betrieb gehen. Laut der Zeitung ist diese Entscheidung allerdings umstritten.

Laufende Lizenzgebühren

Im Ressort gebe es Stimmen, die die Sicherheitsbedenken für überzogen hielten, unter anderem, weil es rund um die Anschaffung des Systems einen jahrelangen Prozess mit zahlreichen Sicherheitsüberprüfungen gegeben habe. Zudem würden sensible Informationen aus den Nachrichtendiensten ohnehin nur anonymisiert an das BRZ gehen, wird ein internes Informationsschreiben aus dem Ministerium zitiert. Zu einer Einigung fand man dennoch nicht.

Das Ministerium nennt auf Nachfrage zwar keine Kosten für das System. Laut dem Schreiben sollen die Investitionskosten aber 11,45 Millionen Euro und die bisherigen Betriebskosten 1,92 Millionen betragen haben. Hinzu kommen demnach auch weiterhin laufende Kosten, konkret 650.000 Euro jährlich. Bei diesen soll es sich vor allem um Lizenzgebühren für das IT-System handeln. (tschi, 9.7.2020)