Russland stoppt Gaslieferungen, und die Energieministerin verleiht ihrer Hoffnung Ausdruck, dass Österreichs Speicher trotzdem befüllt werden können. Das ganze Land steht schockstarr vor exorbitanten Energiepreiserhöhungen, und Kanzler und Finanzminister halten einen "Alleingang Österreichs" in Sachen Preisdeckel für verkehrt. Jede dieser Aussagen ist nachvollziehbar. Niemand hat etwas davon, wenn die Politik Panik schiebt.

Dennoch klingen die jüngsten Wortmeldungen von Regierungsseite angesichts der sich zuspitzenden Energie- und Teuerungskrise falsch und hohl. Man erwartet mehr. Konzertierte Aufrufe und finanzielle Anreize zum Energiesparen etwa, immerhin beginnt in drei Monaten wieder die Heizsaison. Oder ein Konzept, wie man Strompreise doch deckeln könnte, ohne die Inflation zu befeuern. Ideen gäbe es, Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hat sie im STANDARD und jüngst in der Sonntags-"ZiB 2" recht einleuchtend erklärt.

Das ganze Land steht schockstarr vor exorbitanten Energiepreiserhöhungen.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wer seinen Blick von all diesen Problemen abwendet, kann zum Beispiel stattdessen dem Osten Österreichs beim Austrocknen zuschauen, etwa am Neusiedler See. Und sich schon wieder wundern: Warum gibt es keinen umfassenden Plan gegen die drohende Dürre?

Wie man es dreht und wendet, egal, um welches Thema es geht: Der vorherrschende Eindruck ist, dass Österreich besser regiert werden müsste, als es das gerade wird. Dieses Gefühl treibt die politischen Protagonisten offenbar auch selbst an. Nicht zufällig werden angesichts bevorstehender Landtagswahlen die Zurufe aus ÖVP-geführten Bundesländern laut, die Strompreise zu deckeln. Nicht von ungefähr findet Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer plötzlich die Sanktionen gegen Wladimir Putin und seine Oligarchen ganz übel. Und nicht überraschend häufen sich bizarre Auftritte. Etwa, wenn der Bundeskanzler am Tiroler Parteitag über Alkohol und Psychopharmaka als letzten Ausweg aus der Krise "witzelt", oder auch, wenn die ÖVP-Generalsekretärin die grüne Energieministerin via Pressekonferenz zu mehr Engagement auffordert. Alle sind hochnervös, das merkt man auch.

Taskforce der besten Köpfe

Wenn die Koalitionspartner so weiter tun, gibt es bald einen Crash mit Neuwahlen. Ob dieses Szenario die Opposition begeistern sollte, sei dahingestellt: Sie müsste erst den Beweis antreten, dass sie es besser könnte. Die SPÖ etwa, momentan Umfragekaiserin, hat sich auch noch nicht mit überzeugenden Alternativkonzepten hervorgetan.

Eine Alternative wäre, ähnlich wie in den dunkelsten Tagen der Corona-Pandemie, ideologische und parteipolitische Grenzen zu überwinden und in einer Art nationalen Kraftanstrengung gemeinsam zu überlegen, wie Österreich unbeschadet – und vielleicht sogar gestärkt – aus dieser Krise herauskommen könnte. Alle müssten mitarbeiten: Regierung und Opposition, Sozialpartner, die großen Energieanbieter, die Länder, NGOs zur Armutsbekämpfung. Kein zahnloser Arbeitskreis ist gemeint, sondern eine Taskforce der besten Köpfe, die über den Tellerrand blicken und überlegen: Was müssen wir kurzfristig tun, um die größten Härten abzufedern; wie kommen wir mittelfristig heraus aus der Gasabhängigkeit; wie retten wir langfristig das Klima und die Wirtschaft?

Es könnte am Ende die größte Leistung dieser Regierung gewesen sein, sich wenigstens in höchster Not Hilfe von außen geholt zu haben. (Petra Stuiber, 12.7.2022)