Mario Draghi hatte den Parteien eine einfache und präzise Frage gestellt: Seid ihr bereit, in den verbleibenden acht Monaten bis zum Ende der Legislaturperiode mit mir die erforderlichen Reformen durchzuführen, auf die das Land seit Jahrzehnten wartet und die erforderlich sind, um die gegenwärtige Krise – Krieg in der Ukraine, galoppierende Inflation, drohender Energiemangel, Pandemie – einigermaßen unbeschadet zu überstehen?

Die Antwort der Parteien war ebenso einfach und präzise: Nein, das sind wir nicht. Wir denken nicht daran, unsere Wahlchancen mit unpopulären Maßnahmen zu kompromittieren. Es fällt schwer, für diese verantwortungslose Haltung Worte zu finden. Außenminister Luigi Di Maio brachte es so auf den Punkt: "Ein schwarzer Tag für Italien." Dem ist nichts beizufügen.

Der italienische Premier Mario Draghi ist zurückgetreten, weil er keine breite Unterstützung der bisherigen Koalitionsparteien mehr bekam.
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Die Geschichte der nun fälligen Neuwahlen im Herbst scheint bereits geschrieben: Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, deren Chef Giuseppe Conte die Regierungskrise losgetreten hat, wird weggefegt werden. Und Lega-Chef Matteo Salvini und der greise Ex-Bunga-Bunga-Premier Silvio Berlusconi, die der Exekutive von Draghi danach den Todesstoß versetzten, werden zusammen mit Giorgia Meloni, der Anführerin der postfaschistischen Fratelli d'Italia, die neue Regierung bilden. Es sei denn, Salvinis und Berlusconis Parteien würden von den italienischen Wählerinnen und Wählern für das Fiasko, das sie zu verantworten haben, abgestraft. Verdient hätten sie es. (Dominik Straub aus Rom, 21.7.2022)